Category: BDSM Geschichten

Dunkle Hochzeit Ch. 02

by PoppingTom©

Sie sahen sich an. Mit einem Blick, der ihnen zu einer anderen Zeit wahrscheinlich die Erkenntnis der Liebe gebracht hätte. Weil es ein inniger Blick war. Ein warmer Blick. Ein Erkenntnis-Blick. Doch hier und jetzt zerrte er den bisher eher verdrängten Zweifel direkt ins Licht.

Sie war nicht mehr dieselbe. Das schienen sie jetzt beide zu bemerken. Was ist mit dir los, Dana? wird gleich von ihm kommen. Und sie wird keine vernünftige Antwort drauf geben können. Weil sie eigentlich gar nicht anders als sonst sein will. Gut, vielleicht liebte sie ihn jetzt etwas weniger als sonst. Aber nicht so wenig, dass es zum Verlassen, ja zum Sitzenlassen gereicht hätte. Sie war seit einem Jahr mit Eric zusammen. Man hatte sich immer mal gestritten, und sich doch wieder vertragen. Wie ein altes Ehepaar. Sie wollte das hier vernünftig lösen. Sich nicht entscheiden müssen. Warum nicht einfach beide Kerle? Wäre für sie kein Problem gewesen. Vielleicht tat Eric ein bisschen Konkurrenz ja mal ganz gut.

Sie wollte ihn eigentlich nur ein bisschen eifersüchtig machen. Doch als sie ih jetzt so ansah, wurde ihr klar, dass sie ihn offensichtlich nicht genug kannte. Was Eric sehen musste, wenn er sie so anblickte, war offensichtlich nicht bloss eine Hürde. Es war eine Mauer.

"Was ist los mit dir, Dana?"

"Was meinst du?"

"Du bist irgendwie so komisch. OK, man hat manchmal keine Lust, aber bei dir scheint es irgendwie mehr zu sein."

"Ich bin ganz normal. Was soll ich denn anders machen?"

Er sah sie eine Weile an. Und dieser Blick wirkte, angesichts der Tatsache, dass ihn irgendetwas störte, viel zu ruhig.

„Mal ehrlich jetzt, Dana: Hast du was mit deinem Chef?"

„WAS?" Sie sass sofort aufrecht, blickte ihn völlig entsetzt an, ihr ganzer Körper fragte ihn, wie man nur so eine Frage stellen konnte.

„Ja, ich meine, du warst gestern so komisch, und diese Geschichte mit deinem Chef klang auch irgendwie so merkwürdig. Und jetzt bist du irgendwie, weiss auch nicht, aber irgendwie fehlt die ganze Leidenschaft, die du immer hattest. Deswegen frag ich dich : Hast du was mit deinem Chef?"

„Du meinst, mit Robert?"

„Aha, Robert heisst er also."

Sie hatte nichts mit Robert. Nicht wirklich. Ja, gut, sie hatten gestern miteinander Sex gehabt und sie hatte dabei den vielleicht grössten Orgasmus in ihren bisherigen Leben erfahren. Aber sie hatte nichts mit ihm. Sie hatte vielleicht einmal vor, was mit ihm zu haben, aber das wollte sie davon abhängig machen, ob er sich beherrschen würde, ob er sie respektieren konnte, ob er weitere, interessante Seiten von sich zeigen würde, die ihr die Entscheidung erleichtern würde.

Aber die Frage war ja: hatte sie etwas mit ihrem Chef? Und exakt in dem Moment hatte es in ihr gekitzelt. Sie hatte bisher in Robert nur einen anderen Kerl gesehen, aber jetzt wurde ihr zum ersten Mal richtig bewusst, dass er ihr Chef war, und der Gedanke was mit ihrem Chef zu haben, war verdammt sexy. Verboten sexy.

Mehr als das. Mit einem Schlag wurde ihr das ganze System Robert klar und durchschaubar. Robert war der Chef. Basta. Er entschied und trug für seine Entscheidungen die Verantwortung, egal wie hart diese war. Statt in sich gekehrt zu jammern, dass er sie nicht haben könne, hatte er sie einfach genommen. Der Preis war, dass sie ihn hätte erschiessen können. Kein Trick, kein doppelter Boden. Er meinte es ernst. Robert kannte offensichtlich immer den Preis dessen, was er tat, und wo andere noch lange überlegten, ob sie diesen zu zahlen bereit wären, hatte er sich längst entschieden. Er wollte entscheiden, er wollte machen, er steckte so ein, wie er austeilte. Er ging seine Risiken ein, mit dem vollen Bewusstsein, scheitern zu können.

Und vor ihr sass Eric, und zum ersten Mal sah sie es erschreckend deutlich: er war das komplette Gegenteil von Robert. Er wusste nicht, was er wollte, wusste nicht, ob er das wenige, was er wollte, wirklich wollte, wusste nicht, wie sie sich fühlte, wusste nicht, was sie machen sollte, damit er sich im Bett besser fühlte, er hatte immer noch keinen Job, als ob ein zu schlechter Job seinen Wert drücken könnte. Er erwartete wohl irgendwie von ihr, dass sie die Initiative mit ihm ergreifen würde, und auch wenn sie das sonst eigentlich gerne tat, jetzt störte es sie gewaltig. Sie wollte sich fallen lassen. So wie vorhin auf Arbeit. Sie war gewollt Roberts Opfer gewesen, und es hatte sich so verdammt gut angefühlt. Aber eben nur, weil Robert der perfekte Täter war.

Stattdessen sass sie hier und konnte regelrecht spüren, dass die ganze Situation in einen Streit enden wollte. Egal was sie sagen oder tun würde. Sie kannte Eric lange genug, um zu wissen, dass es keine Harmonie gab, wenn er sie nicht wollte. Und sie sah ihm an, dass er sie gerade nicht wollte.

„Ja, ich hab was mit meinen Chef!" Es klang fast ein bisschen vorwurfsvoll. Aber er wollte es ja unbedingt wissen.

Augenblicklich änderte sich Erics Blick. Und sie fühlte sich plötzlich, als hätte sie sein Spiel durchschaut. Wahrscheinlich hatte er es ihr langsam aus der Nase ziehen, sie langsam der Lüge überführen und sich dann gnädig zeigen wollen. Jetzt, wo sich zeigte, dass diese Rechnung nicht aufging, jetzt, so schien es ihr, wollte er plötzlich wieder Harmonie.

„OK....das ist...wenigstens ehrlich."

Sie nickte. „Wo wir gerade beim Ehrlichsein sind: Ich werde dich verlassen."

Eric war zur Salzsäule erstarrt. Und nach dem kurzen inneren Schreck über ihre eigene Härte spürte sie eine Erleichterung, dass es raus war. Sie spürte keinen Hass, keinen Ärger gegen ihn. In ihrem Innern hatte sie den „Ich bin mit dir zusammen"-Knopf wieder ausgeschaltet, sie lief jetzt auf „Wir sind nur Freunde". Allerdings die Sorte Freunde, über die man sich nicht unbedingt freut.

Sie stand auf und ging in die Kammer, um ihren Koffer zu holen.

„Du gehst...jetzt?"

„Wär's dir lieber, ich bleib noch hier und geb dir die ganze Nacht das Gefühl, dass du....." Sie sah ihn etwas verzweifelt an.

„So schlimm ist es?"

Sie packte einfach ihre Sachen ein. Sie wollte nichts sagen, denn egal was sie jetzt sagte, es würde nur wehtun. Ihre Existenz hier tat weh, sie tat ihm weh, und ihr damit auch. Sie hasste ihn ja nicht. Sie musste hier einfach nur weg. Es reichte doch, wenn nur einer leidet.

„Ein Jahr lang waren wir zusammen."

Nein, sie sagte nichts. Sie wollte ihm nicht sagen, dass das Gefühl vom Anfang ihrer Beziehung vollkommen weg war. Gross und sensibel hatte er damals gewirkt. Als ob er die ganze Welt im Griff habe, ihn nichts aus dem Tritt bringen könne. Klein und kleinlich wirkte er jetzt. Sie kannte diesen Blick, mit dem er sie anguckte. Der Blick eines Kerls, dem ganz plötzlich bewusst wird, dass er ihr nicht gewachsen ist, der sich erst mal selbst wieder finden muss. Er konnte einen leid tun, und das war eigentlich das Schlimmste. Nirgendwo gab es einen Schalter, der ihn einfach wieder auf „Wie Damals" stellen konnte. Selbst wenn es ihn gab, sie wollte nicht mehr danach suchen. Sie hatte sich entschieden.

„Wie lang habt ihr beide das schon zusammen?"

Nein, er wollte immer noch keine Harmonie. „Seit gestern." sagte sie etwas genervt.

„Seit gestern weisst du also, dass er ein Typ mit Geld ist, der dir viel mehr bieten kann..."

Sie holte tief Luft. Irgendwo war es ja verständlich, dass er Streit suchte. Dass er seinen Frust ablassen wollte. Dass er sticheln wollte. Aber genau deshalb wollte sie jetzt so schnell wie möglich weg.

„Verdammt, darum geht's doch gar nicht!"

„Ja, das sagt ihr Frauen immer, und am Ende geht's euch dann trotzdem darum. Ich mein, ich kanns ja auch verstehen. Er hat nen gut laufendes Geschäft, bestimmt ne tolle Wohnung, Kleider bis zum Abwinken.....Was fährt er? Nen Dodge? Nen BMW? Nen Hummer?"

Wie um alles in der Welt konnte sie ihn verstummen lassen?

„Eric, jetzt mal ganz ehrlich: stell dir vor, du hättest all das, und vielleicht sogar noch ein bisschen mehr -- würdest du das alles wegschmeissen, für eine einzige Nacht mit mir?"

Einen Moment lang war er tatsächlich ruhig. Doch er fing sich wieder. „Ich würds dir sicherlich versprechen, in der Hoffnung, dass du nicht so blöd bist, das wirklich von mir zu verlangen. Und die Wahrscheinlichkeit wäre bei dir sicher umso höher, je mehr ich hätte."

Sie sah ihn eine Weile etwas verzweifelt an. Wenn sie ihm jetzt sagte, dass Robert sie vergewaltigt hatte -- sie konnte sich ausrechnen, was dann passieren würde.

„Vergiss es einfach."

Eric lachte etwas gehässig. „Ich kann dir noch nicht mal zum Vorwurf machen, dass du auf sowas hereinfällst."

Es war wahrscheinlich das beste, ihn in dem Glauben zu lassen. Auch wenn es sie wurmte, dabei so mies dazustehen. Sie zog sich an, versuchte dabei, ihn nicht anzusehen. Und musste es doch ein paar mal tun. Verdammt, ja, dieser Hundeblick von ihm tat ihr leid. Aber es gab kein Zurück. Sie erwiderte den Blick mit erhobenen Kopf, als wolle sie das noch mal klarstellen. Oh ja, sie wusste, dass das hier weh tun musste. Aber wenn sie es jetzt nicht tat, würde es am Ende noch viel mehr weh tun.

Sie sahen sich ein letztes Mal an, als sie mit dem Koffer zur Tür ging. Irgendetwas wollte sie noch sagen, etwas wie „Pass auf dich auf" oder „Machs gut", doch nichts passte. Nichts würde verhindern können, dass er sie von nun ab vor lauter Liebe, aber auch vor lauter Demütigung, verfluchte und hasste. Sie ging, ohne etwas zu sagen. Raus in die anbrechende Nacht.

-

Sie wusste nicht wirklich, wo sie heute nacht übernachten sollte. Sie wollte einfach nur raus, weg von Eric. Er sollte nicht ständig an ihr Gewissen appellieren, sollte gar nicht erst versuchen, sich Hoffnungen zu machen, sie umstimmen zu können. Sie wollte sich nicht umstimmen lassen. Jetzt nicht mehr.

Sie fuhr deshalb einfach nach „18th". Sie wollte vor dem Laden warten, vielleicht die ganze Nacht. Es war warm, sie würde nicht frieren. Und selbst wenn. Eric litt wahrscheinlich die ganze Nacht durch. Es war nur gerecht, dass sie jetzt auch wenigstens ein bisschen litt.

Zu ihren Erstaunen war die Tür von „Lasgo's" offen. Das wenige Licht im Laden zeigte zwar, dass er eigentlich geschlossen sein sollte, aber sie hörte Geräusche im Bereich, der zum Keller direkt unterm Laden ging. Sie ging die alte, eiserne Wendeltreppe nach unten, und sah ganz deutlich Robert, wie er sich an ein paar Pappkisten zu schaffen machte. Er blickte von der Arbeit auf, sah sie an, und beide lieferten sich einen Wettkampf im Gesichtsausdruck „Huch, was machst du noch hier?" Dana gewann, weil ihr Gesicht und ihre Mandelaugen viel mehr Möglichkeiten hatte als Robert, der eigentlich wie immer guckte, nur skeptischer.

„Arbeitest du immer so lange?" Dana hatte wirklich ein wunderschönes Fragezeichen-Gesicht.

Roberts Skepsis entspannte sich etwas. „Manchmal schon. Wenns sein muss."

„Du hast gestern schon durchgearbeitet."

Er lächtelte leicht „Das musste auch sein."

„Du machst dich echt tot für deinen Laden."

„Nein" sagte er mit ruhiger Gewissheit „ohne mein Laden wär ich schon längst tot." Er legte die nächste Kiste ins Regal, bevor er sie wieder ansah. „Und du? Was machst du schon hier?"

Sie holte tief Luft, bevor sie wieder halbwegs entspannt sprach „Ich hab grad meinen Freund verlassen."

Roberts leichte Skeptiker-Miene änderte sich nicht. Nur an den Ohren schien er etwas roter geworden zu sein. „Oh, tut mir leid, wirklich."

Warum sprang er nicht einfach auf, fiel ihr um den Hals, jubelte, drückte, knuddelte sie? Warum blieb er so cool? Hatte er immer noch nicht verstanden, wollte er immer noch nicht wahrhaben, traute er sich immer noch nicht zu denken, dass ER jetzt derjenige war, der an ihrer Seite folgen würde? Es war erschreckend, dass er sich nicht einfach ganz egoistisch mit ihr freuen konnte.

„Schon OK, ich wollt ihn ja verlassen."

„War er so schlimm?" Das fragte ausgerechnet er!

„Muss ein Kerl unbedingt schlimm sein, bevor man ihn verlässt?"

Er blickte etwas nachdenklich.„Du scheinst ihn nicht geliebt zu haben."

Es tat ein bisschen weh, das zu hören. Vor allem, weil es stimmte, irgendwie. Jetzt, erst jetzt wurde ihr richtig bewusst, wie schnell sie ihn verlassen hatte. Und wie wenig sie dabei gespürt hatte. Ihr Gewissen meldete sich wieder. Als sei es eine Gemeinheit von ihr gewesen, ihn nicht wirklich geliebt zu haben.

Etwas lächelte er jetzt doch. „Und? Weisst du schon, wo du heut nacht übernachten willst?"

War das ein Ritual? Egal, sie musste da jetzt jedenfalls durch. „Kann ich bei dir übernachten?"

Jetzt grinste er breit. Wahrscheinlich hatte er nur darauf gewartet. „Übernachten." Er lehnte sich locker an die Wand, lächtelte überlegen. „Übernachten ist ein schönes Wort für das, was wir da machen werden."

Jetzt war sie es, die sich nicht freuen konnte über ihren Triumph, sondern in leichte Skepsis verfiel. Sie war zwar bereit, sich auf das Spiel mit ihm einzulassen. Doch er war eben auch der Kerl, der sie vergewaltigt hatte. Was, wenn er sich privat nicht beherrschen konnte? Er war für sie immer noch nur schwer greifbar. Auch wenn sie das ein bisschen faszinierte.

„Kannst du... kein Gentleman sein?"

„Ein Gentleman." sagte er bedeutungsvoll. „Ich mach dir einen Vorschlag, Dana. Wir ziehn uns jetzt richtig hübsch an, gehen ordentlich essen, und du wirst die ganze Nacht durch den perfektesten Gentleman von mir präsentiert bekommen, den du dir vorstellen kannst -- bis wir in meiner Wohnung sind." Er zündete sich eine Zigarette an. „Sorry, Dana, ich kann auch in meiner Wohnung ein Gentleman sein. Aber der Gedanke, dass du die erste Nacht bei mir, in meiner Wohnung, in meinen Bett verbringst und nichts passieren soll -- ich kanns dir nicht versprechen, und ich will es auch nicht."

Sie blickte ihn in die Augen, und nickte. Und spürte, wie es bei ihr kribbelte. Er war ihr Chef. Er hatte Recht. Er war ein Riese. Er war hart und weich gegen ihr. Auf genau die richtige Art.

Ihr Gesicht deutete kurz zu den Zigaretten „Kann ich...."

„Nein!" Sagte er deutlich. Sah sie eindringlich an, bevor er ihr doch die Zigaretten gab. „Und damit das klar ist: von heute ab kein 'Darf ich?','Soll ich?','Bin ich hübsch?', von jetzt ab heisst es 'Ich will!' und 'Ich bin!', nichts anderes! Du bist das grösste, tollste, hübscheste, genialste, was mir je über den Weg gelaufen ist, und ich will nicht, dass du auch nur eine Sekunde lang daran zweifelst. Wenn doch, versohl ich dir solange den Hintern, bis du dich wieder liebst."

War es die Zigarette, oder seine Worte? Jedenfalls überfiel sie ein tiefes Gefühl innerer Ruhe. „Und du tust alles, was ich will?"

Sofort blickte er wieder ärgerlich-skeptisch.„Wird das 'n Test?" Sein Habitus änderte sich plötzlich auf nachgemacht weiblich. „Was? Du liebst mich? Wirklich? Echt? Würdest alles für mich tun? Das trifft sich gut. Ich habe hier eine Liste mit 25 dingen, die du für mich tun musst, und ich weiss, hihi, das Punkt 16 davon besonders gemein ist, hihihihi, aber wenn du von den 25 Punkten nur 24 schaffst, ist das der eindeutige Beweis, dass du mich nicht wirklich liebst, dann gibts auch keinen Sex mit mir, ich geh ja nicht mit jedem ins Bett."

Sie hätte lachen können, wenns nicht so ernst gewesen wäre.

„Tschuldige, dass ich gefragt habe."

Sein Gesicht entspannte sich wieder „He, war nicht so gemeint, OK? Ich wollte nur sagen: Du kannst Nein sagen, und ich kann Nein sagen. Geht das OK für dich?"

„Also gut!" sagte sie, und in ihren Gesicht zeigte sich ein kleiner Ansatz von Trotz. Sie zog an der Zigarette, und blies ihm genüsslich den Rauch ins Gesicht. „Ich will das rote Maggy-London-Kleid!"

„Mein teuerstes Stück?" Er lachte zufrieden. Man konnte das „Ja" dahinter spüren. „Willst du es, weils mein teuerstes ist, oder weils dir gefällt?"

„Die Farbe gefällt mir." Es tat ihr schon gut, überhaupt darüber zu reden. Dieses edle Weinrot war so schön anders als diese ganzen grellen Latino-Farben, die für die Sachen in seiner Boutique so typisch waren. Dieses Kleid verhiess eine andere, weniger oberflächliche Welt. Einmal hatte sie einer Mexikanerin zugesehen, die dieses Kleid kaufte. Hereingekommen war sie wie das Klischee einer Frau, die sich nichts teures leisten kann. Als sie jedoch das Kleid anhatte, war sie wie ein leuchtender Traum, ihre Haare wirkten weiter, ihr Gesicht sinnlicher, und ob wohl sie um die 40 zu sein schien, strotzte sie plötzlich vor sexueller Kraft. Es war, als würde die Wucht ihres Körpers von dem Kleid in Zaum gehalten und gleichzeitig durch seine Ernsthaftigkeit betont. Seitdem hatte sie sich in das Kleid verguckt. In ihrer Vorstellung musste sie das Kleid nur anhaben, und sie wäre mindestens genauso edel und sexy wie diese Frau.

„Ja, die Farbe ist auch das beste daran. Und der Schnitt könnte zu dir passen."

„Warum hab ich das Gefühl, dass dir das Kleid nicht so gefällt?"

Er lachte. „Es gefällt mir schon. Es wird nur verdammt teuer, es dir vom Leib zu reissen."

Sie lächelte, hielt ihren Kopf etwas schräg, und setzte ihren unvergleichlichen Chinahundeblick auf. Es war ihre Art, „Bitte" zu sagen. Und er nickte. Blickte vielleicht etwas grimmig. Doch das brachte sie nur dazu, ihn zu umarmen und auf die Wange zu küssen. Als sie ihn jedoch loslassen wollte, zog er sie wieder an sich, und ihre Lippen und Zungen liebkosten sich gegenseitig mit einer geradezu magischen Zärtlichkeit.

„Ich hoffe, du hast die richtigen Schuhe zum Kleid."

Sie guckte ihn fragend an.

„Welche, die nicht rot sind."

„Ich hab noch schwarze Piraten-Kniestiefel, mit Totenkopf drauf."

„Wunderschön, aber die passen nicht zum Kleid."

„Ist das so wichtig?"

„Oh Ja!" einen Moment lang blickte er streng. "Ausserdem würden sie mich dazu bringen, dich noch im Restaurant zu ficken."

„Das klingt verlockend."

„Hast du wirklich nichts anderes?"

„Ich hab noch schwarze Stilettos."

„Perfekt."

Ihre Lippen trafen sich wieder. -

Kein Dodge. Kein BMW. Kein Hummer. Das hätte alles ohnehin nicht zu ihm gepasst. Nein, Robert fuhr einen ganz normalen, vergleichsweise neuen Chrysler Kombi. In Schwarz natürlich.

Irgendwie hatte sie geglaubt, er wolle mit ihr nur irgendwo um die Ecke in ein unscheinbares, kleines Restaurant gehen. Stattdessen fuhren sie auf die Interstate, dann mitten in die immer noch quicklebendige Stadt hinein, vorbei an den ganzen Wolkenkratzern, den ganzen hellbeleuchteten, innerstädtischen Wahnsinn, über den Fulton River. Und gerade, als sie sich fragte, wo um alles in der Welt er hier einen Parkplatz finden will, fuhr er wie selbstverständlich ins Marina City, ein wie eine übergrosse Koralle aussehender Wolkenkratzer, dessen erste 14 Etagen als Parkhaus fungierten. Man kam hier eigentlich nicht so einfach rein. Er schon.

Wie lange lebte sie schon in Chicago? Sie war hier aufgewachsen. Und doch war dieser Teil der Stadt etwas für sie komplett unbekanntes, etwas unerreichbares, nicht bezahlbares. Mit jeden Schritt spürte sie die Illusion einer komplett anderen Welt, wo Reichtum von fast schon perversen Ausmassen als normal und durchschnittlich betrachtet wurde. Sie fühlte sich fast ein bisschen falsch hier, doch als Robert ihre Hand ergriff und in ihre Augen sah, merkte sie, dass er sich so ähnlich fühlte. Das hier mochte nicht ihre Welt sein. Aber man konnte ja mal schauen.

Das Gefühl, klein zu sein, blieb. Selbst als sie endlich sassen. Es war ein viel zu teures Restaurant an der Encyclopedia Britannica. „Fulton's on the River" hiess es. Aber es hätte genausogut „Futons on the River" heissen können. Der Ausblich auf den Fluss und die Wolkenkratzer war einfach atemberaubend. Man hätte sich hier auf einen Futon legen und sterben können, so schön war es. Die Atmosphäre des Restaurants war erstaunlich intim, trotz dass es voll und der Lärm der Stadt weiterhin zu hören war. Je länger sie dasassen und sich anguckten, desto wärmer wurde ihr Gefühl, auch ihm gegenüber. Robert wirkte durch die Wolkenkratzer kleiner, normaler, weniger bedrohlich als sonst. Sein Lächeln hatte die Ruhe und den Frieden eines Mönchs. Die erste Zeit sagten beide gar nichts, sondern sahen sich nur an und bemerkten, wie sie immer mehr lachen mussten. Danas Augen schienen dabei vor leiser Begeisterung nur noch grösser zu werden.

Category: BDSM Geschichten