Category: Das erste Mal Geschichten

Jungfer Mary

by rokoerber©

„Und merke dir eines, mein Junge, einen wirklich guten Whisky trinkt man entweder pur oder mit Branchwater, aber niemals mit Soda oder gar mit Eis", sagte Sir Thomas, der fünfte Earl of Mansfield zu mir. Er selbst bat uns ihn so zu nennen, nicht bei seinem so langen Titel: The Right Honorable Sir Thomas, Lord Earl of Mansfield ...

„Yes, Sir Thomas", bekundete ich artig, dass ich seine Worte verstanden hatte.

Eigentlich bin ich ja mehr der gesellige Typ. Meine derzeitige Wortkargheit kam wohl vor allem daher, dass ich noch etwas verwirrt war. Alles war noch sehr neu für mich, war ich doch heute erst in Comlongon Castle angekommen. Zusammen mit Pa, meinem Vater, Historiker, spezialisiert auf Schottland -- und Comlongon Castle liegt in Schottland. In der Nähe des sagenumwobenen Heiratsparadieses Gretna Green. Pa nahm mich sozusagen als Dank für mein hervorragend bestandenes Abitur mit -- um mir den Kopf auszulüften, wie er sagte. Das Einzige was ihn derzeit an mir störte waren meine Studienpläne, ab dem Wintersemester war ich in Frankfurt zum Studium der Jurisprudenz eingeschrieben. Geschichte interessierte mich so überhaupt nicht, viel zu lange her.

Mein Weltbild war nun auch noch zusätzlich ein wenig durcheinander, denn Sir Thomas entsprach in meinen Augen so gar nicht einem Schotten, er trug weder einen Kilt, noch blies er ständig auf einem Dudelsack. Lediglich die robuste Tweedjacke mit den Lederflicken an den Ellbogen entsprach meiner Vorstellung eines geeigneten Kleidungsstückes. Die graue, grobe Cordhose jedoch absolut nicht. So was trägt man doch nicht. Ansonsten schien er jedoch sehr leutselig zu sein -- immerhin ist er ein Graf, er dürfte sogar eine dreizackige Krone tragen. Zur Tweedjacke?

Jetzt griff er sich allerdings erst mal einen irdenen Krug und goss daraus etwas in sein großes Glas, das zu gut einem Drittel mit Whisky gefüllt war. Es war offensichtlich Wasser. Er reichte den Krug an Pa weiter. Auch der füllte sein Glas nach. Danach kam der Krug zu mir. Ich sah mich verpflichtet meinen Whisky ebenfalls zu panschen.

„To your Health!", lächelte Sir Thomas und prostete uns zu.

Ich nahm einen großen Schluck. Kühl lief mir die Flüssigkeit die Kehle runter, um kurz danach eine wohlige Wärme in meinem Magen zu verbreiten. Der Geschmack kitzelte angenehm auf der Zunge. Wow, das Zeugs schmeckte doch besser als ich fürchtete, Whisky mit purem Wasser hörte sich schrecklich an. Ich nahm noch einen Schluck, bevor ich mich erneut umschaute.

Wir saßen zu dritt in der riesigen Halle, dem ehemaligen Rittersaal, ganz unten im alten Festungsbau. Rund um das Schloss wurden schon viele Kriege geführt. Im 17. Jahrhundert erlitt es aber das gleiche Schicksal wie so viele schottische Schlösser, es wurde im letzten Kampf arg beschädigt, die Murrays gaben es auf. Es zerfiel, nur der alte Festungsbau mit seinen seltsamen Aufbauten blieb erhalten. Erst um 1880 übernahm der erste Earl of Mansfield das Schloss. Er baute es aus, heute ist es ein stattliches Hotel, hauptsächlich mit schönen Suiten für junge Paare, die hier heiraten wollen. Derzeit waren Pop und ich jedoch die einzigen Gäste.

An den Wänden hingen riesige Gemälde, wohl die Ahnengalerie. Ich denke einige noch von den alten Murrays. So alt und etwas runtergekommen sahen sie halt aus. Nur eines dieser alten Porträts faszinierte mich: das Bild einer jungen, braunhaarigen Schönheit. Ein burgunderrotes Samtkleid umhüllte ihre schlanke Figur. Der doch sehr offenherzige Ausschnitt zeigte den Ansatz eines netten Busens. Ihre Lippen luden zum Küssen ein; so unerfahren war ich schon lange nicht mehr, um nicht zu wissen, welchen Spaß das macht. Am bestechendsten an ihr waren jedoch die großen, kornblumenblauen Augen. Immer wieder musste ich mir dieses Gesicht ansehen, immer wieder in diese Augen blicken. Sie sahen aus als würden sie leben. Ich brauchte einen weiteren Schluck Whisky.

Pa und Sir Thomas unterhielten sich angeregt. Beide hatten sich inzwischen ihre Pfeifen gestopft. Drei riesige Hunde, mit einem dichten zotteligen Fell, unter dem sie kaum hervorsehen konnten, hatten sich ebenfalls eingefunden und lagen nun weit ausgestreckt zwischen uns auf dem Steinfußboden. Einem der Hunde schien meine Schuhcreme zu schmecken, er leckte behaglich an meinen Schuhen.

Ich kam mit meinen Blicken einfach nicht von diesem Mädchenbild los, wer ist sie? Was wurde aus ihr? Pa und Sir Thomas hatten gerade eine Gesprächspause, da nahm ich allen Mut zusammen und fragte so in den Saal hinein „wer ist eigentlich dieses schöne Mädchen auf dem Bild über dem Sideboard, zwischen den beiden Schilden?"

Sir Thomas wandte sich um, sah zu dem Bild, dann zu mir. „Mein lieber Görd", ich wurde ihm zwar als Gert vorgestellt, aber irgendwie bekam er diesen Namen nicht auf die Reihe. „Das ist die Jungfer Baroness Mary." Er stieß einen tiefen Seufzer aus. „Sie stammte aus der Ehe von Lord Duncan und seiner Frau Lady Elisabeth. Ihr war einst ein sehr trauriges Schicksal bestimmt. Bei einem gemeinschaftlichen Besuch, von Campbell Castle aus, beim Thanes of Cawdor, der mit dem Holly-tree im Wehrturm, wurde sie Sean Murray vorgestellt. Marys Eltern schien dieser jüngste Sohn der Murrays geeignet als Ehemann. Schnell fanden Sean und Mary heraus, sie waren sich sympathisch, soviel Auswahl an adeligen Damen gab es für einen Murray allerdings auch nicht. So versprachen sich die beiden gegenseitig und Mary kam mit ihrer Zofe hier her nach Comlongon Castle. Sie bezog eines der vier kleinen Häuschen, oben auf dem Dach des ältesten Teils des Schlosses. Es ist heute nicht mehr ganz klar, warum die Heirat nicht sofort stattfand, es war ja immerhin noch im Mittelalter. Damals war es nichts Ungewöhnliches, wenn mit sechzehn Jahren geheiratet wurde. Allerdings sollen da wohl Kämpfe um Cawdor Castle gedroht haben und Mary wurde wohl vorsichtshalber rechtzeitig auf Comlongon Castle in Sicherheit gebracht. Es wird vermutet, man wollte die Hochzeit feiern, wenn sie sechzehn war. Durch die Kriege verzögerte es sich jedoch, ihr sechzehnter Geburtstag verstrich.

„Sechzehn?", fragte ich erstaunt. „Ja, doch, so jung sieht sie sicher aus, aber die Mode damals machte wohl älter und reifer."

„Ahm", stutzte Sir Thomas, dann lachte er. „Nein, solche Kleidung wie unsere Teens sie heute tragen, gab es damals nicht. Sie stellte dafür mehr die Schönheit heraus. Gerade Frauen von Adel ließen da tief blicken."

„Dem kann ich aus vollem Herzen zustimmen", lächelte ich etwas wehmütig. „Aber warum hatte sie ein trauriges Schicksal. Auf dem Bild sieht sie doch aus wie das blühende Leben."

„Ob traurig das richtige Wort ist", sagte Sir Thomas, „das sei dahingestellt. Sagen wir seltsam und ..." Er brach ab, fummelte an seiner Pfeife herum, bis sie wieder zog, erst dann fuhr er fort. „Auf jeden Fall errang sie angeblich die Aufmerksamkeit eines Bediensteten. Völlig betrunken soll er eines Abends über das noch unschuldige Mädchen hergefallen sein. Die damaligen Frauen waren ein raues Leben gewohnt. So wehrte sich auch Mary wie eine Löwin. Was genau geschah, weiß heute kein Mensch mehr; auf jeden Fall fand man Jungfer Mary und ihren Angreifer, dicht umarmt aber tot am Fuße der Burg. Sie müssen über die Brüstung gefallen sein, gut zehn Meter tief. Zu einer vermuteten Vergewaltigung kam es aber wohl nicht, Marys Jungfräulichkeit blieb unbeschadet. Sean, der zukünftige Ehegatte, stürzte sich der Sage nach ebenfalls vom Dach, wohl, weil er unfähig gewesen war, seine Zukünftige zu beschützen."

Ich trank mein Glas leer. Das Schicksal dieses Mädchens berührte mich sehr eigentümlich. Umgehend schenkte mir Sir Thomas nach. Er schob auch den Wasserkrug zu mir rüber. Ich übersah ihn geflissentlich, jetzt brauchte ich Whisky pur, auf den Schreck mit Mary hin.

Pa hatte die ganze Zeit nur still zugehört. Der Riesenhund hatte meine Schuhe inzwischen blank. So legte er halt seinen dicht behaarten Kopf auf mein Knie. Er sabberte ein wenig -- ich verstand jetzt, warum der Earl Cordhosen trug. Die sind wohl praktischer als teuerer Tweed.

„Ach ja, das habe ich vergessen zu sagen", lächelte Sir Thomas. „Jetzt wohnt die Jungfer Mary im alten Wachraum, diesem runden Türmchen an der Außenmauer ..."

„Wie bitte?", fuhr ich auf.

„Als Schlossgespenst", grinste Sir Thomas. „Sie wurde recht oft gesehen, wie sie traurig durch die Gänge des Haupthauses schlich. Es wird behauptet, auf der Suche nach einem passenden jungen Mann!", lachte er dann auch noch laut los. Alle drei Hunde hoben den Kopf, der Butler erschien an der Türe, entfernte sich aber gleich wieder. Er hatte wohl erkannt, dass er nicht gemeint war. Das Lachen von Sir Thomas wurde noch lauter. Der Hund vor seinen Füßen verzog sich hinter den Sessel. Ich fühlte mich ein wenig veräppelt.

„Ja. Angeblich, bis sie von einem liebenden jungen Mann erlöst wird", fügte Sir Thomas etwas ernster werdend hinzu.

Immerhin hörte ich dem wieder aufkommenden Gespräch zwischen Sir Thomas und Pa jetzt etwas aufmerksamer zu. Es schien doch spannend zu sein in so alten Geschichten zu kramen. Immer mal wieder einen Blick auf das Portrait des so schönen Mädchens Mary zu werfen, konnte ich mir allerdings nicht verkneifen. Irgendwie hatte ich mich in das Bild verguckt -- hatte ich mich verliebt?

Kurz nach elf ging es dann auf die Zimmer. Ich hatte zwar reichlich Whisky getrunken, ich würde aber doch gut schlafen. Alkohol war mir absolut nichts Unbekanntes.

Der Marsch auf meine Suite war lang, von der Halle durch die Flure des Haupthauses und dann noch zwei Stockwerke hoch. Das überbreite Bett war aufgedeckt, zwei Pralinen lagen auf dem Kopfkissen. Ne, die würde den rauchigen Geschmack des edlen Whiskys nur verderben. Ich legte sie auf den Nachttisch, schnappte mir eines meiner Nachthemden und ging ins Bad. Die blöden Nachthemden waren eine Idee von Ma, meiner Mutter. In einem hochherrschaftlichen Schloss müsse ich doch stilgemäß bekleidet sein, wenn ich zu Bett ginge. Und überdies würde ein Nachthemd nicht kneifen. Das letzte Argument fand ich ausschlaggebend. Es waren zum Glück auch eher extra lange T-Shirts, nicht solch doofe Dinger, wie Pa sie trug.

Duschen war angesagt, mein linkes Bein war von dem Riesenhund doch ganz schön angesabbert. Endlich im Bett war ich unentschlossen, soll ich gleich schlafen oder noch etwas lesen? Ein Blick auf die Uhr, noch nicht ganz Mitternacht -- zu früh zum Schlafen. Da ich mich kannte, hatte ich extra drei Bücher mitgenommen.

Der mitgebrachte Roman kam mir schnell langweilig vor; das dort beschriebene Mädchen schien einfach ein unscheinbares Nichts gegen Mary. Immer wieder drängte sich deren Bild vor mein inneres Auge. Am liebsten wäre ich noch einmal aufgestanden und in die Halle gegangen, um auch die letzte übersehene Kleinigkeit des Bildes in mich aufzunehmen. Ja, Mary, das wäre die erwünschte Freundin, die könnte ich mir auch als Mutter meiner Kinder vorstellen. Alleine der Gedanken daran ließ mich unter mein Nachthemd greifen. Mit einem Mal fand ich es sehr bequem, kein Gummiband, das die Bewegung meiner Hand hemmte. Genussvoll, mit den Gedanken sozusagen in Mary, brachte ich meinen Stolz zu Hochform, genoss es meine Eichel mit den ersten austretenden Tropfen zu verwöhnen. „Mary, oh Mary, komm zu mir, ich brauche dich, ich liebe dich!"

Ich befriedige mich im Allgemeinen nur sehr selten selbst, ich mag es mehr mit einer Frau zusammen zu sein. Oh, wie gerne wäre ich es mit Mary. Ich tat etwas langsamer, stellte mir vor, Mary würde meinen Freund in den Mund nehmen, würde mir ganz gemütlich einen blasen. Unwillkürlich schloss ich die Augen und begann genussvoll zu stöhnen. Ich fühlte förmlich ihre Lippen -- ich genoss es.

Dass ich allerdings mein Taschentuch vergaß, dafür eine Riesenschweinerei da unten in meinem Nachthemd verursachte, das war nicht geplant. Ich zog es aus und warf es auf den Boden ...

„Was für ein trostloses Dasein muss ich hier nur fristen. Nicht die kleinste Freude ist mir vergönnt. Womit habe ich das nur verdient", klagte Mary laut. Doch keiner vermochte sie zu hören. Geister sind körperlose Wesen, sie können zwar durch Türen dringen, können jedoch nichts körperlich erfassen, ja, sie haben nicht einmal eigene Gefühle. Nur ihre Gedanken scheinen zu leben. So war es natürlich auch mit Mary. Sie konnte nur denken, hören und sehen, aber nicht fühlen. Wie kann man aber über etwas nachdenken, das man noch nicht einmal gefühlt, nur geahnt hat. Mary war ja immer noch sehr jung. Geister altern nur sehr langsam. Genau genommen weniger als einen Tag im Jahrhundert. So will es das Schicksal, jeder Geist hat an jedem Todestag das Recht, für ein paar Stunden seine normale Gestalt annehmen zu dürfen.

„Oh, Felan aus den Wäldern, wie hasse ich dich dafür, dass du bösartiger Druide mich zum Geiste verflucht hast, und das, nur weil ich dir nicht zu Willen war, sondern mit dir, der du mich so gnadenlos umklammert hieltest, vom Dachrand sprang."

Alleine beim Gedanken an ihn, den Ruchlosen, schwang sie voll Zorn ihre Arme in Abscheu vor ihm so heftig, dass eine der Fackeln in der Eingangshalle durch den Luftwirbel erlosch. Es waren echte Fackeln, wenn eigentlich auch nur zur Dekoration für die Gäste gedacht. Das störte Mary nicht. Ihre Pläne für die Nacht waren andere; sie wollte sich diesen neuen jungen Gast näher besehen. Der ältere Gast interessierte sie nicht -- er könnte ihr Vater sein. Sie aber träume von einem jungen, starken und vor allem schönen Mann. Einem, wie es ihr Sean war. Sie wusste nur zu genau, da gab es noch so vieles zu erkunden.

Sie brauchte nicht leise zu sein, bei dem hellen Licht dieser modernen Fackeln würde er ihre äußere Gestalt auch kaum erkennen. Sie drang durch die Türe, nur der Vorhang bewegte sich ein wenig, als sie ins Zimmer kam. Ja, da war er. Sie ging näher zu ihm, besah ihn sich ganz genau, strich ihm sogar über die Haare, wohl wissend er würde es nicht spüren. Oh, wie gerne wäre sie jetzt körperlich bei ihm.

Dass es da etwas gibt, hatte sie erst vor zwei Jahrhunderten durch Zufall entdeckt. Sie hatte schon so oft unerkannt einem Pärchen bei ihren Liebesspielen zugesehen, hinter einem Vorhang verborgen. Das Liebesspiel erregte sie so sehr, dass sie sich an ihre Schmuckdose griff. Aber irgendetwas war damals anders -- sie hatte plötzlich schöne Gefühle dabei. Bis sie jedoch dazu kam, diese auszukosten, traf ein erster Sonnenschein durchs Fenster. Die Chance war für ein weiteres Jahr vertan.

Sie benötige viele Jahrzehnte, bis jemand in der Bibliothek die Geschichte las, wo erklärt wurde, dass Geister alle Jahre einmal das Privileg der Verstofflichung genießen. Mary las mit und wusste fortan Bescheid. Doch wieder hatte sie das Pech, das sie scheinbar verfolgte; an ihrem nächsten Todestag war alles zur Jagd, nur ein paar Weiber waren im Haus. Die waren nie das Sehnen von Mary. Erst ganz knapp vor dem Morgengrauen kam der alte Butler von einer ausgedehnten Zechtour zurück ins Haus.

Mary wollte es wissen, sie umarmte ihn stürmisch. Doch der betrunkene Butler stürzte, mit Mary um den Hals, die Treppe hinab. Diesmal geschah beiden nichts, nur Mary lernte etwas: Sich in dieser Zeit zu töten ging auch nicht -- und wie gerne täte sie es, um Ruhe zu finden. Nun hieß es, ein weiteres Jahr zu warten.

Als der Butler wieder zu sich kam, war Marys Zeit längst vorbei. Er wurde allerdings später einer der eifrigsten Verfechter der Geistergeschichten um Mary.

Gretna Green wurde zum Hochzeitsparadies, das Schloss zu diesem Zweck erweitert. Nun kamen die vielen Hochzeitspärchen ins Haus. Mary hatte für sich schnell eine aufregende Beschäftigung gefunden. Wenn sie auch nichts dabei verspürte, aber ihr Wissen um die scheinbar so schöne Angelegenheit, mit einem Mann zusammen sein zu können, wurde ihr einziges Trachten. Ihr Wissen war inzwischen sehr groß, ihre Sehnsucht unermesslich.

„Ach lasst diesen jungen Mann den Rechten sein", seufzte sie sehnsuchtsvoll. Wie sehr weiteten sich ihre Augen, als sie sah, was der junge Mann da plötzlich unter seinem Nachtgewand trieb. Oh, was ein Glück, es gab für sie keine Grenzen, sie tauchte mit dem Kopf ein unter diese Lücke im Nachthemd. Ganz nahe dem Ziel ihrer Wünsche wollte sie sein Gemächt in den Mund nehmen, wie sie es so viele Frauen tun sah. Sie konnte ihren Mund zwar darüberstülpen -- aber spüren tat sie nichts. Bittere Tränen quollen aus ihren Augen, Tränen des Leids. Doch sie wollte keinen Augenblick vermissen -- vor allem nicht diese Eruption des Mannes -- da hatte sie noch die wenigste Erfahrung. Genau genommen sah sie dieses ersehnte Ding bisher nur, wenn es sich in der Scham einer Frau entlud. Und nun in ihrem Mund, wenn sie es auch nur sah, nicht spürte.

Sie versuchte noch das weggeworfene Nachthemd überzuziehen, das war natürlich unmöglich. Auch der Versuch diese milchige Flüssigkeit daran wenigstens zu fühlen, zu riechen und zu schmecken, war nicht von Erfolg gekrönt.

„Ich verfluchte dich, Felan aus den Wäldern", schrie sie noch einmal wutentbrannt. „Aber morgen wirst auch du mich nicht hindern, zu erfahren wie es ist eine Frau zu sein. Auch wenn du dich damals als angeblich getreuer Diener eingeschlichen hast und doch nur ein ungetreuer Druide warst, eingeschleust von den Feinden meiner Eltern. Jetzt bis du tot - und morgen lebe ich!" Doch keiner konnte sie hören.

Sehr viel besser gelaunt verzog sich Mary in ihren Turm. Fast übermütig löschte sie, auf dem Weg dorthin, mit heftigen Gesten ihrer Hände alle noch brennenden Fackeln in der Eingangshalle. Sie wusste nur zu gut, das war das Einzige, was sie als Geist vermochte.


Ich wachte auf, draußen war es bereits hell. Mein erster Gedanken war bei Mary. Ich hatte in der Nacht von ihr geträumt, sehr angenehm geträumt und ... ich griff nach unten. Meine Morgenlatte schien mir extrem hart, da spürte ich es auch, ich hatte nichts an. Meine Tat von gestern kam mir in den Sinn, ein Blick seitwärts, ja da lag es mein Nachthemd, total versaut. Das also war mein schöner Traum.

Ich stand auf, nahm das Nachthemd, zog es über und stellte mich damit unter die Dusche. Das sauber Rubbeln war aber auch nicht der Weisheit letzter Schluss, meine Morgenlatte mochte es. Ich nahm Duschgel zur intensiveren Reinigung, dann kaltes Wasser, zum Spülen und - beruhigen.

Nach dem enormen und ausgezeichneten Frühstück wollte ich erst einmal die Umgebung des Schlosses erkunden. Sir Thomas gab mir einen seiner Burschen mit, mein Schuhablecker von gestern begleitete uns ebenfalls. Es ist schon eine herrliche Gegend hier, so richtig was zum Wandern, das war sehr wichtig für mich. Ich musste mir wirklich den Kopf auslüften -- aber nicht wegen des Abiturs, wegen Mary. Die Gedanken an sie umklammerte mein Herz.

Der Abend verlief wie gestern. Der einzige Unterschied schien mir, dass heute gleich zwei dieser Hunde bei mir unter dem Tisch lagen. Ich hatte noch meine Camel-Boots an, mit einem Wachs aus dem Internet bestens gepflegt; es schien ihnen zu munden. Auf den Whisky freute ich mich heute jedoch besonders, denn Sir Thomas meinte, uns heute eine schottische Spezialität zum Abendessen servieren lassen zu müssen: Haggis. Es schmeckte lecker, leider sagte Pa mir erst nach dem Abendessen, was es eigentlich war. Ich möchte es nicht weitersagen, aber mindestens fünf Scotch waren aus Schreck über das Gehörte heute fällig. Big Ones.

Die Abendgesellschaft löste sich auch heute gegen elf Uhr auf. Ich wanderte festen Schritts zu meinem Zimmer. Mein erster Weg war ins Bad -- von dem leckeren Bier, das es zum Haggis gab, wegbringen. Danach die übliche Prozedur, warum ich mich jetzt am Abend auch noch einmal rasierte, mich sogar mit Aftershave einrieb, vermag ich heute nicht mehr so recht nachzuvollziehen. Ich fürchte es hing mit Mary zusammen. Meine Gedanken spielten sogar damit heute schon wieder unartig zu sein -- in Gedenken an sie. Allerdings nahm ich heute ein Taschentuch mit.

Category: Das erste Mal Geschichten