Category: Nicht menschlich Geschichten

Dunkler Abgrund Ch. 07

by MagnoliaS©

Notiz der Autorin: Diese Geschichte enthält viel Handlung, NonConsent-Elemente, BDSM (mit und ohne Zustimmung), Homosexualität (ff, mm), psychische und physische Folterbeschreibungen und eine Liebesgeschichte. Sie ist lang und entwickelt mit der Zeit einen verhältnismäßig komplexen Handlungsablauf.

Wer auf der Suche nach einem Quickie ist - und das sind wir alle mal - sollte sich vielleicht noch einmal umschauen. Alle Figuren und Ereignisse in dieser Geschichte - auch die, die sich auf real lebende Personen beziehen - sind gänzlich frei erfunden. Dies liest eh keiner mehr, deshalb möchte ich kurz winken. Winkewinke. Die Autorin hat keinerlei journalistische Ausbildung und nicht über alles, was sie schreibt, hat sie vorher auch wirklich nachgedacht. Zudem enthält die folgende Geschichte viele schlimme Wörter und aufgrund ihres Inhalts sollte sie von niemandem gelesen werden.


Kapitel 7

Es herrschte Stille im Raum, nachdem die Königin geendet hatte. Es war das einzige sichtbare und hörbare Zeichen, dass ihre Forderung die Anwesenden schockiert hatte. Niemand von ihnen hatte damit gerechtet. Nicht einmal Damon selbst.

Sam ließ seinen Blick durch den Raum gleiten und wartete ab. Damon hatte für die Ankunft der Königin Europas einen langen Tisch in sein opulentes Büro schieben lassen. Alle vier Seiten waren besetzt. Am einen Kopf des Tisches saß natürlich Damon selbst, während an den kürzeren Seiten zwei Arkaios unbehaglich wie bei einem Tennisspiel ihren Kopf von Damon zu der Königin drehten. Und zurück.

Die Königin selbst saß am anderen Ende. Sie wirkte ruhig, gefasst und absolut reglos. Nichts zeigte, ob sie nervös oder gar unsicher sei. Ihre Hände lagen vor ihr und waren gefaltet, als wolle sie gleich beten. Doch ihr Kopf war erhoben und ihre grauen Augen blickten starr und emotionslos in die von Damon. Sie hatte dieselbe Augenfarbe wie ihr Bruder, sagte man sich. Doch das hatte nichts mit familiärer Vererbung zu tun. Es war Zufall.

Es gab ein paar Vampire, die behaupteten, dass Alec ihr nur zufällig kurz nach der Verwandlung begegnet war und ihr den Übergang leichter gemacht hatte. Einige behaupteten, dass er sie verwandelt hatte - und das gegen ihren Willen. Es gab auch ein paar, die glaubten, die beiden seien einmal ein Liebespaar gewesen. Niemand wusste, was tatsächlich hinter all diesen Gerüchten steckte. Es war nur allgemein bekannt, dass sie sich gegenseitig als Bruder und Schwester bezeichneten und dass sie sich seit ein paar Jahrhunderten aus dem Weg gingen.

Die Königin war gute viertausend Jahre jünger als ihr Bruder und offensichtlich arabischer Abstammung. Auch dies schürte die Gerüchte über die vermeintliche Abstammung der Königin als persische Prinzessin. Ihr schwarzes Haar war in einem raffinierten Zopf zusammengesteckt und hinten mit komplizierten, filigranen Knoten, Goldplättchen und Perlen besehen. Es war fast so schwarz wie das von Morgana, doch bei der Königin fehlte eindeutig der bläuliche Glanz. Ihr Gesicht war schmal und zart, genau wie auch der Rest von ihr. Doch Sam machte sich keine Illusionen darüber, dass diese Frau schwach war oder auch nur den Hauch von Güte in sich trug. Sie war ein Monster.

Sie regierte in Europa mit fester Hand. Anders konnte sie sich auch kaum gegen die Wahren Familien durchsetzen, die eine Art Parlament im Machtgeflecht der europäischen Vampire bildeten. Ihre Wut war ebenso berüchtigt wie ihr Verschleiß an Geliebten.

Sie war eine wunderschöne Frau; wie alle Vampire hatte die Verwandlung für ihr Nachleben jede Unregelmäßigkeit und jeden Makel von ihr entfernt und sie zu einer Göttin gemacht. Doch Sam fühlte sich von ihr ebenso wie von Morgana vollkommen abgestoßen.

Seine Augen ruhten einen Moment länger auf der Königin, die vollkommen reglos wartete und keine Anstalten machte, die peinliche Stille zu füllen, bevor Sams Blick kurz zu Morgana glitt. Sie saß wie Sam nicht am Tisch, sondern stand etwas abseits und tanzte langsam zu irgendeinem lautlosen Song. Ihr Haar wallte in dicken Locken um ihr zerrissenes Kleid und zwischen ihren halb entblößten Schenkeln sah Sam, dass einige Vampire sich wieder an ihr vergriffen hatten. In unregelmäßigen Abständen hob sie die Hände über den Kopf, als wolle sie die Sonne anbeten. Sie schien nichts davon mitzubekommen, was im Raum vorging.

Damon allerdings bekam alles mit. Als er sich bewegte, hob Sam den Blick und sah ihn an. Damon wischte sich langsam mit Zeigefinger und Daumen über seine Mundwinkel und legte die gespreizten Finger dann auf den Tisch. Noch einen Moment ließ er sich auf das Blickduell der Königin ein, dann warf er den beiden anderen Arkaios einen kurzen Blick zu. Die beiden uralten Vampire waren die einzigen, die Damon bisher mit Schmeichelei und Druck dazu bringen konnte, dass sie ihm den Bluteid leisten wollten und ihm somit den Titel des Arkaios schenken konnten.

Die Königin könnte diesen Kreis schließen.

„Hyrie", sprach Damon die Königin erstmals mit Namen an und Sam hörte nur durch seine übernatürlich starken Ohren, dass die beiden männlichen Arkaios scharf, aber nahezu lautlos die Luft einsaugten. Offensichtlich hatte Damon gerade einen Fauxpas begangen. Doch ebenso klar war auch, dass Damon diesen Lapsus bewusst begangen hatte. „Weshalb sollte ich das tun?"

Die europäische Arkaios regte sich einen Moment nicht, dass Sam schon das Gefühl bekam, sie sei in einer Art Starre verfallen, bevor sich ihre Lippen teilten. Ihre Fangzähne glitzerten im Licht.

„Damon", sagte sie leise und ein leichtes Lächeln spielte plötzlich um ihre Mundwinkel. „Es war nur ein Vorschlag von mir. Mach doch einfach eine Pro-und-Kontra-Liste. Ich denke, du bist clever genug, ein paar Pros zu finden."

Damons Blick glitt einen Moment über die Königin, dann zu den beiden Arkaios an seinen Seiten. Die uralten Könige starrten ihn an und warteten auf seine Antwort. Damons Augen maßen die beiden, um dann zurück zur Königin zu schnellen. Sie war wahrscheinlich jünger als die beiden männlichen Arkaios zusammen und sah dennoch nicht älter aus als neunzehn. Obwohl sie so jung aussah, waren ihre Augen uralt.

Vollkommen unvermittelt hob die Königin den Blick und sah Sam an. Für einen Moment verfingen sich ihre Blicke, tauchten ineinander. Der Augenblick war nur einen Herzschlag lang und dennoch hatte Sam plötzlich das Gefühl die Geschichte der Königin zu kennen. Ihre grauen Augen blitzten auf eine Weise, die Sam nur zu bekannt war. Aus seinem eigenen Spiegelbild.

Hyrie, die Arkaios von Europa, hatte schon vor langer Zeit alles verloren, wurde Sam plötzlich auf unheimliche Weise klar. Obwohl sie alles hatte; Macht, Reichtum, Anerkennung, Ruhm. Vielleicht sahen die anderen die absolute Leere in ihrem Blick nicht, doch Sam sah sie. Allerdings hatte Sam diesen letzten schimmernden Glanz in seinen Augen verloren, der die Königin noch aufrecht erhielt. Sam hatte diesen Glanz, diesen Willen verloren, als er seine Rache an seinem Vater nahm. Und sich gleichzeitig selbst den letzten Grund zum Leben.

Die Königin hatte diese Rache niemals bekommen. Vielleicht war das der Grund für ihr wahnwitziges Angebot.

„Es wird einen Krieg geben", meldete sich plötzlich Damon wieder zu Wort und die Arkaios an seinen Seiten nickten langsam. „Glaubst du, die Wahren Familien halten sich zurück, nur weil du es entschieden hast?"

„Sie werden", gab die Arkaios kalt und entschieden zurück. Dann breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. „Damon, was hattest du denn sonst mit ihm vor? Wolltest du meinen Bruder wirklich frei lassen, wenn du deinen Titel hast?" Ihr leises Lachen klang wie ein helles, samtiges Glockenspiel. „Selbst der Titel würde ihn nicht aufhalten, Rache an dir zu nehmen."

Sam lächelte für einen Moment. Natürlich hatte Damon niemals vorgehabt, den Schwarzen Arkaios am Leben zu lassen. Diese Entwicklung war für Damon demnach genau die richtige, auch wenn sie schockierend und unvorhersehbar war. Dass die Königin dasselbe wie Damon wollte, war einfach unfassbar. Weshalb sich Damon trotzdem zierte, war Sam erst nach einem weiten Blick durch den Raum klar. Die beiden männlichen Arkaios hatten nicht damit gerechnet, dass Damon Alecs Tod geplant hatte. Sie hatten wirklich geglaubt, dass alles beim Alten bliebe; nur mit einem neuen Arkaios von Nordamerika. Sams Grinsen wurde größer. Es war unglaublich, wie dumm uralte Wesen sein konnten.

„Mit dem Titel und deinem Bluteid hätte ich ganz Europa hinter mir", sagte Damon leise. „Und der Schwarze Arkaios könnte sich so dankbar zeigen, weil ich ihn freilasse, dass er überhaupt nicht über einen Krieg nachdenkt."

Hyrie lachte leise. Wieder erklang es wie sanfter Sirenensang im Raum. „Faszinierender Gedanke. Der Schwarze Arkaios als dankbares Opfer?" Sie maß die beiden anderen Arkaios mit einem langen, abschätzenden Blick. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Damon jemals dieser Ansicht war. Aber es überrascht mich nicht, dass ihr beide das geglaubt habt." Sie hob anmutig eine zarte Augenbraue und sah von einem zum anderen. „Wir haben den Bluteid auf ihn geleistet, meine Herren. Damon vielleicht nicht, aber ihr schon. Er wird sich natürlich an uns rächen, wenn er dies überlebt."

Die beiden Arkaios wurden aschfahl. Einer von ihnen fasste sich unbehaglich an den Kragen seines Anzugs, während der andere sagte: „Er muss also sterben."

Es war keine Frage. Alle wussten die Antwort.

Die Königin richtete ihren grauen, kalten Blick wieder auf Damon. „Es wäre die perfekte Lösung."

„Nein", sagte Damon nach einer kurzen Pause. „Die perfekte Lösung ist, dass Alec auf ewig in Gefangenschaft bleibt. Selbst seine loyalsten Anhänger würden sich niemals gegen uns stellen, wenn er bei einem Krieg sterben könnte." Damon lächelte ebenso kalt wie die Königin. „Weshalb sollte ich die unangreifbarste Position auf der Welt aufgeben? Für deinen Eid? Hyrie, es wird andere geben, die ihn leisten werden und die den Schwarzen Arkaios nicht persönlich töten wollen."

Hyrie zuckte mit keiner Wimper, während die anderen beiden Arkaios wie schon zuvor bei dieser Eröffnung erstarrten. „Ich will seinen Kopf", sagte Hyrie leise. „Und ich werde mich gegen dich stellen, wenn du dich weigerst. Viele von Alecs Vertrauten warten nur auf mein Zeichen, um zu Alecs Rettung zu eilen." Sie leckte sich leicht über die Oberlippe. „Wer kann schon sagen, wie Alec schlussendlich in den Wirren des Krieges stirbt? Ich werde keine Zeugen überleben lassen. Und du, Damon, wirst als erstes verurteilt und getötet. Ich werde die Macht über alles haben, während dein Schädel von der Sonne verbrannt wird. - Dies ist nur ein kleines Entgegenkommen von mir, denn ich bin dir zu Dank verpflichtet. Nur durch dich kann ich endlich meine Rache bekommen."

Damons Gesicht blieb emotionslos. Nur das kalte, abschätzende Lächeln blieb auf seinen Lippen.

Sams Augen wanderten wieder durch den Raum, während sich die Stille dehnte. Es war erstaunlich, dass die Beziehung zwischen der Königin und dem Schwarzen Arkaios schon so weit fortgeschritten war. Es war allgemein bekannt, dass sich die beiden Geschwister aus dem Weg gingen, aber von Hyries Rachegelüsten hatte bis gerade niemand etwas gewusst. Der Grund war ebenso unbekannt. Deutlich war allerdings, dass die Königin hier eine viel schwächere Position einnahm. Schließlich war Damon kriegerisch besser organisiert durch die Loyalität der Werwölfe und saß durch den Schwarzen Arkaios in seiner Gewalt am längeren Hebel. Allerdings schenkte die Königin ihm keinen Zentimeter und würde sich schlussendlich wahrscheinlich durchsetzen. Sie wollte offensichtlich nicht über die Freilassung ihres Bruders verhandeln, sondern nur seinen Tod. Außerdem war sie durchaus bereit ohne Kriegshandlungen einen Bluteid auf Damon zu schwören. Das einzige, was sie forderte, war Alec, weil sie ihm selbst den Kopf abschlagen wollte. Man könnte fast meinen, dass Damon alles in den Schoß fiel und dennoch versuchte er der Königin offensichtlich die Grenzen aufzuzeigen. Weshalb Damon diese Spielchen spielte, war Sam allerdings nicht ganz klar. Vielleicht ein weiteres Merkmal seiner Machtbesessenheit. Jeder sollte vor ihm kriechen. Selbst die Königin.

Damon schüttelte plötzlich den Kopf und richtete sich auf. „Das reicht mir nicht." Er gab Sam ein kleines Zeichen, näherzutreten und Sam stellte sich mit zwei eleganten Schritten hinter den Rücken der Königin. Sams Finger legten sich auf die Schultern der Arkaios. Ein mehr als drohendes Zeichen für Hyrie.

Hyrie allerdings blieb ruhig. Unter seinen Fingerspitzen fühlte Sam nicht einmal, ob sie erstarrte oder zitterte. Vollkommen gelassen blieb sie in ihrem Stuhl sitzen und starrte Damon an. „Was willst du, Damon?"

Damon sah sie wortlos an.

Sam fühlte unter seinen Händen, wie die Königin den Kopf zur Seite neigte. Sie zögerte einen Moment, dann schien sie sich entschieden zu haben. „Du bekommst meinen Kopf, wenn ich den von Alec abgeschlagen habe." Ihre Stimme war erstaunlich ruhig und wieder hatte Sam das Gefühl, die Geschichte der Königin zu kennen. Als sei es nur eine andere Vision seiner eigenen.

Damon lachte plötzlich. „Ich will nicht deinen Kopf. Ich will... Dich." Diesmal ließ sein taxierender Blick auf den Körper der Königin keine Fragen mehr offen.

Dieses Mal erstarrte die Königin tatsächlich. Sam konnte förmlich fühlen, wie sie krampfhaft versuchte einen Ekelschauer zu bezwingen. Die beiden Arkaios hingegen keuchten laut und machten keinen Hehl aus ihrem Schock. Die Königin rang eine ganze Weile mit sich und immer wieder fühlte Sam, wie sich ihr Körper ablehnend anspannte. Zu gern hätte er das Chaos auf ihrem Gesicht gesehen, wenn sie sich so gehen ließ. Doch dann wurde sie wieder ruhig und nickte langsam. „Gut, Damon. Allerdings habe ich dann noch einige Bedingungen. Und ich werde davon nicht abrücken." Ihr ganzer Körper spannte sich an. „Bis zum Sonnenaufgang verleibt noch eine ungefähr Stunde. In dieser Zeit werde ich mich nicht wehren."

Damon lächelte. „Gentleman, nun sehen wir eine Königin auf Knien." Er lachte leise und stand langsam auf. Sein Blick glitt über Hyrie, die sich ebenfalls erhoben hatte und Sams Griff hinter sich ließ.

Sam straffte sich langsam und wandte sich ab, während auch die beiden Arkaios ihre Stühle zurückschoben und aufstanden. Nur Morgana trat plötzlich an den Tisch, um besser sehen zu können.

„Nein." Damon warf den drei Männern einen kurzen Blick zu. „Setzt euch."

Selbst Sam reagierte dieses Mal nur mit einem Zögern. Er hatte durchaus kein Bedürfnis mit eigenen Augen die Demütigungen zu sehen, die Damon der Frau antun würde. Dennoch war der Befehl klar. Er setzte sich auf den Stuhl der Königin. Immer nur kurz ließ er seinen Blick zu Damon gleiten. So kurz, dass sich die Bilder nicht in seinen Kopf brennen konnten. Sie taten es dennoch.

Das Gesicht der Königin... grauen Augen; der Blick leer und weit weg... Dann wieder ein Aufblitzen von Leben. Von Ekel... Kleidung fällt zu Boden... Lippen reißen an den Mundwinkeln, an der Unterlippe... Blut fließt... Eine Knieschreibe wird unter Gewalt gespalten... Dennoch wird sie gezwungen auf den Knien zu bleiben... Schmerz auf ihrem Gesicht... Seine Zunge auf ihrer Wange, leckt über ihre Wange, ihren Mundwinkel, während er Widerlichkeiten murmelt... „Ja, das gefällt dir, du Fickstück"... Morgana hebt ihre Röcke, ihre Finger gleiten in ihre Fotze... „Dreh dich... öffne... spreize...Heb die Hände!"... Flüssigkeiten fließen... Zähne bohren sich in einen Augapfel, der zerplatzt... Damons Zähne, die sich in ihren Schenkel bohren und ein Stück herausreißen... Ein Schwanz, der in die Wunde fickt... Die Hände der Königin, die ihre Gedärme am Platz halten... Wunden schließen sich von den vampirischen Kräften... werden wieder geöffnet... Damons Zunge, die eine blanke Rippe leckt... Ein halb unterdrückter Schrei... Morganas Grunzen... Noch ein Schrei. Lauter, durchdringender... Ein raues Lachen... „Du winselndes Stück Scheiße!"... Die Königin hustet Blut... Der Geruch von Kotze...

Sam würgte ebenfalls trocken und verließ mit tauben Beinen den Raum. Damons Befehl blieb ungehört, während Sams Blick zu seiner Uhr glitt. Es waren nur acht Minuten vergangen.

*

Grace schreckte aus ihrem Schlaf. Blinzelnd versuchte sie sich zu orientieren, doch sie erkannte in dem Raum nichts Vertrautes. Es war ein billiges Motelzimmer, wenn sie richtig sah, aber keins, das sie schon kannte. Keuchend schnappte sie Luft und hielt sich für einen Moment den Bauch, bis der Schmerz langsam abflaute. Sie hatte wieder von Sam geträumt, allerdings nichts Neues. Wieder hatte er am Fenster gestanden und war dann nach unten durch die Räume von Damons Anwesen gewandert, bis er in der Folterkammer ankam. Und den Blick auf den toten Leib seines Vaters genoss.

Ihr Atem stockte, als sie eine Bewegung an ihrem Rücken fühlte.

„Alles in Ordnung?" Alecs Mund nuschelte an ihrem Haar und sie fühlte, wie er tief ihren Geruch einatmete.

Sofort beruhigte sich ihr Körper. „Nur ein Traum." Sie sank zurück auf die Laken und drehte sich vorsichtig in Alecs zärtlichem Griff um. Er hatte einen Arm um ihre Taille gelegt und drückte sich von hinten an sie. Grace musste ein bisschen drücken und ruckeln, bis sie ihn endlich ansehen konnte. Unter seinen Augen waren leichte Schatten, die seine helle Haut noch bleicher wirken ließen. Seine Lider hatte er erschöpft geschlossen. Vorsichtig hob Grace eine Hand und strich ihm eine dunkle Strähne aus dem kantigen Gesicht. Auch im Schlaf wirkte sein Gesicht hart und emotionslos. Nichts in seinen Zügen war weicher geworden, weder der feste Zug um den Mund, noch die feine Falte zwischen seinen Augenbrauen hatte sich gelockert. Halb meinte sie, er könne jeden Augenblick die Augen öffnen und nur mit der Augenbraue seine Stimmung zu zeigen. Doch das tat er nicht. Er schlief einfach weiter.

Auch sie schloss die Augen wieder und konzentrierte sich auf ihre eigene Atmung, bis sie sich vollkommen entspannt hatte. Nur kurz murmelte sie noch Alecs Namen, bevor sie wegdämmerte und träumte. Seine Schritte waren nicht schneller als die der anderen. Das war wichtig für seine Arbeit. Unauffälligkeit war alles, was ihn als Mensch ausmachte. Was ihn zu einem Profi machte. Seine Kleidung war durchschnittlich, seine Frisur war durchschnittlich; sein Aussehen und seine Art sich zu bewegen ebenfalls. In der Menge ging er ebenso unter wie der kleine Hund der brünetten, hustenden Frau. Er streckte die Hand aus und knipste mit einem Messer im Vorbeigehen den Träger ihrer Handtasche von ihrer Schulter. Dabei achtete er darauf, dass er das Gewicht nicht zu schnell entfernte. Erst dann schlossen sich seine Finger um das Lederding und schoben es unauffällig unter seine Jacke. Noch gute zehn Meter lief er einfach neben der immer lauter hustenden Frau her, bis sie zögerte, stehenblieb und nach ihrer Handtasche griff. Sie strauchelte kurz neben einer kleinen Hecke, die einen Park umschloss. Der Hund hob sein Bein zum Pinkeln, während sie in die Blätter griff, um das Gleichgewicht zu halten. Er ging ruhig weiter, bis die Menge ihn vor ihren Blicken schützte und verschlang. Er lief zwei Blocks und rannte dann um drei weitere. Erst in dieser Entfernung wagte er es in einer kleinen Gasse die Handtasche zu öffnen. Die Marke auf dem Verschluss war eine schlechte Kopie und in dem billigen Portmonee fand er acht Dollar. Außer einer Packung Kaugummi fand er in der Tasche Taschentücher.

Und einen Asthma-Inhalator.

Wie erstarrt ließ er die Handtasche sinken und rannte los. Leider kam er zu spät. Die Frau war in der halben Stunde, die er für alles gebraucht hatte, unglücklich in einen Busch gefallen und hatte so nicht auf sich aufmerksam machen können. Er starrte den Hund an, der sich um ihre leblosen Beine gewickelt hatte und keuchend und leise bellte. Die Frau war zu unauffällig gewesen. Selbst mit dem leise kläffenden Hund an ihrer Seite. Die Leute gingen an ihr vorbei, weil sie nicht auffiel. Genauso wenig wie er.

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