Category: Romane und Kurzromane Geschichten

Der Pornograf 07

by rokoerber©

Auszug aus „Der Pornograf - - Band 1 (Der Schüler) © rokoerber

*** Herausforderung ***

Um Elf kam die Post. Ein Brief vom Verlag, einer von Leila und einer von Traudl. Dann noch einer, von einer Firma IGDuM in Radolfzell. Welchen mache ich zuerst auf? Den Verlag. Es waren zwei Schecks und ein Dank für geleistete Arbeit sowie die Annahmebestätigung für die Bilder von Kim drin. Der eine Scheck war für mich: die Arbeit mit Irena, Jutta, Sören und Kim. 5200 Mark. Das waren zweihundert Mark zu viel. Der andere war für Kim. 2800 Mark. Die Negative soll ich mit den nächsten Bildern nachsenden. Dann stand da noch, die kleine Geschichte dazu, wurde mit 200 Mark honoriert. Daher. Das reicht mir. Ich werde Kim den ganzen Scheck schicken. Ich stellte mir lachend vor, wie sie vor Freude herumhüpft.

„Und was ist so lachhaft?" Wollte Renate wissen, die gerade zu Tür reinkam. Ich sagte es ihr und hielt ihr den Brief hin. Sie las.

„Das kann ich mir gut vorstellen. Ich freue mich für Kim. Da hat sie ja noch ein gutes Taschengeld, wenn sie heimfährt. Den Brief werde ich gleich beantworten, dann kannst du ihn Montag wieder mitschicken. Ich mache dir eine Notiz, dass du die Negative nicht vergisst. Willst du Kim per Hand schreiben oder soll ich ..."

„Danke, meine liebste Sekretärin, das mache ich schon."

Dann öffnete ich den Brief von Leila. Sie schilderte mir ebenfalls die Party im Maurischen Hof, in den glühendsten Farben. Grüße von Mutti und Vati und Peter sei ein wahrer Schatz. Er sei inzwischen mehr als nur ein Ersatz für mich, den Bruder, geworden. Der Brief endete mit einem Lippenabdruck. Das war wohl ein Kuss. Ich küsste den Abdruck und gab den Brief dann auch an Renate. Sie lachte sich kugelig über die Schilderung des Zwergenauftritts - aus der Sicht von Leila. Es klärte auch die Sache mit den 101 Rosen auf. Hundert sind für die Familie. Sie werden in Demut und Dankbarkeit überreicht, um irgendeinen Dienst zu vergelten. Eine bekommt die Person, die das Geschenk, als Symbol der Ehre, für die Familie annimmt.

Nun öffnete ich den Brief von Traudl. Es war eine zarte Liebeserklärung mit dem Hinweis auf den nächsten Sommer, voller Andeutungen. Ein paar verschlungene Herzen waren an passenden Stellen gemalt. Die Bestellliste der Fotos vom Sommerfest lag dabei. Nach Nummern geordnet, wie die Maschine sie halt ausgibt. Ich war verblüfft. Traudl hatte 2414 Fotos errechnet. Viele der Bestellungen waren für Bilder der Hulagirls. Darunter stand noch, ich möge bitte meine Kontonummer angeben, damit sie das Geld überweisen könne. Sie hätte um Vorkasse gebeten. Auch dieser Brief ging an Renate.

Den Liebesbrief gab sie mir, nach den ersten Zeilen, zurück. „Nein, das ist sicher sehr privat. Ich würde es auch nicht wollen, dass ein Liebesbrief von mir in andere Hände gerät."

Dann kam der Brief dieser Firma IGDuM dran. Er kam von einem Herrn Wollweber. Ich las, dann richtete ich mich steil auf: „Ach du dicke Scheiße", entfuhr es mir. Ich gab ihn Renate. Sie las den Inhalt laut vor:

„... möchte ich mich zuerst vorstellen. Ich vertrete eine neu gegründete Firma, deren einziger Zweck es ist, Gemeinschaftswerbung für die Produkte ihrer Mitglieder zu machen, ein Zusammenschluss von 29 Firmen, die hauptsächlich Reizwäsche (Dessous), Strümpfe und Mieder herstellen. Dazu gehören auch Badeanzüge, Bikinis, Sommertops und Nachtbekleidung. Es steht mir ein gewisser Etat zur Verfügung, über den ich, nach Rücksprache mit dem Konsortium, frei verfügen kann. Lassen sie es mich bitte kurz machen:

Ich bin seit zwei Monaten auf der Suche nach einem Fotografen, der Bilder nach unserem Geschmack macht. Die Bilder vom Sommerfest in Bodman, die sie freundlicherweise direkt an Hedi Jeck gesandt haben, sind hervorragend gelungen. Wir würden gerne je 200 Bilder 13 x 18 cm, hochglänzend, von unseren Modellen, Bilder Nummer ... bla, bla, bla ... mit vollem Nutzungsrecht für das deutschsprachige Gebiet, für eine Pressekampagne bestellen. Wir denken dabei an einen Preis von unter 3 Mark/Stück."

„Warte mal", rechnete Renate. „Das sind ... 5400 Bilder. Bei, sagen wir 2.75 sind das knapp 15.000 Mark. Wow."

„Das kommt hin", bestätigte ich.

„Dein Rohgewinn dürfte bei der Hälfte liegen, wie ich deine Kalkulation kenne - ich glaube ich spinne."

Ich holte tief Luft. Renate las weiter. „... bieten wir ihnen an, monatlich etwa 100 Fotos zu machen, wovon das Konsortium die Besten für weitere Kampagnen aussuchen wird. Wir denken an eine Aufwandsentschädigung von 30 Mark pro Bild. Für die von uns ausgesuchten Bilder zahlen wir für die Nutzungsrechte 100 Mark. Dazu kommen natürlich die 200 Satz Kopien."

In Renates Kopf tickte wieder die Rechenmaschine. „Wenn die 50 Bilder nehmen, dann sind das ja 6500 Mark", errechnete sie.

„Und reichlich Geld für die Kopien", stellte ich fest.

„Weiter: Werden die Fotomodelle von Ihnen gestellt, erhöht sich der Preis auf 60 bzw. 200 Mark. Wir können ihnen natürlich auch Modelle kostenfrei zur Verfügung stellen. Vielleicht rufen sie mich mal an. Am Telefon bespricht sich manches einfacher. Mit freundlichen Grüßen erhoffen wir ihre positive Zusage. Ppa. Willi Wollweber."

Renate ließ sich auf einen Sessel fallen. „Scheiße, kann ich da auch nur sagen. Dein Glück möchte ich haben - die Arbeit nicht."

„Ja, das fürchte ich auch. Ich rechne schon die ganze Zeit. Montag bis Freitag ist voll. Rappelvoll. Die Schule macht zwar noch keinen Stress, aber der kommt; so sicher wie das Amen in der Kirche. Ich könnte, nach dem Originalplan, nur noch am Samstag und da höchstens zwei Stunden, einplanen. Das geht natürlich von unserer Freizeit ab, aber, man kann halt nicht alles haben."

„Wir sprechen später darüber, das Essen ist bald fertig. Der Braten in der Röhre braucht noch 15 Minuten. Kommst du gleich mit?"

„Ich rufe schnell in Radolfzell an. Dann komme ich runter. Frage Pop nach einem Trollinger. Von dem Brief sag bitte nichts."

Herr Wollweber war in seinem Büro. Er war sichtlich erfreut über meinen Anruf. Noch mehr, als ich ihm sagte, wir würden sein Angebot ernsthaft in Erwägung ziehen und die Bilder würde ich ihm für 2.75 Mark verkaufen. Dann kam der Hammer: Er sagte, in seinem Büro ständen drei riesige Kisten, mit einer Auswahl des Sortimentes aller beteiligten Firmen. Er würde sie mir gerne schicken, wenn ich den Auftrag annehme. Alle Ware, die kein Preisschild hat, könnte dem Fotomodell, das sie zum Fotografieren trägt, überlassen werden. Die Ware mit Preisschild sei um 75% reduziert und könne, nach dem Fotografieren, zu diesem Preis abgegeben werden. „Ach ja, " sagte er dann noch, für 2.75 Mark solle ich die Bilder doch schnellstmöglich machen. Dann bedankte er sich für den Anruf und ich legte auf.

Ich holte Mom ab und schob sie ins Esszimmer. Dann brachte Renate das Essen. Eine würzige Flädlesuppe zuerst. Pop schmatzte. Dann einen wundervollen Kalbsrollbraten. Außen knusprig, innen zart, dazu die feinen Gemüse, die ich am Morgen besorgt hatte. Die Schupfnudeln, als Sattmacher, waren Klasse. Der Trollinger von Pop schmeckte hervorragend dazu. Als Nachtisch gab es Grießschnitten mit dicken Zibeben drin und Zimtzucker drauf. Ich war genudelt.

Pop kratze die letzten Reste zusammen und knurrte: „Wenn mein Sohn mit am Tisch sitzt, dann stehe ich hungrig auf."

„War es zu wenig?", erschrak Renate.

„Es war eher zu viel des Guten. Pop tut einfach verfressen. Er bekäme keine einzige Schnitte mehr rein", beruhigte sie Mom. Pop lachte auch. „Dein Braten war auf jeden Fall ein Gedicht. Es ist mein Pech, dass ich erstens schon verheiratet bin und zweitens meinen Sohn nicht unnötig reizen will, sonst würde ich doch glatt um deine Hand anhalten."

Renate wurde puterrot, schnappe sich ein Teil des Geschirrs und verschwand in die Küche. Ich brachte den Rest nach.

„Ihr Oktobermänner, seid völlig schamlose Schmeichler."

„Gib ihm einfach einen Kuss, womöglich auf die Lippen, und du wirst sehen, wie er rot anläuft und Mom sich deswegen fast totlacht."

„Mach ich glatt." Und sie machte. Pop bekam einen roten Kopf und Mom lachte hell auf. Dann spendierte er uns einen Cognac.

Ich sauste hoch und holte meine Post. Den Brief von Leila gab ich Mom. Erst zögerte ich, dann den Brief von Traudl ebenfalls. „Der ist nur für Beatrix Mai und nur zu Studienzwecken." Mom nickte. Auch Renate nickte.

Die restliche Post gab ich Pop. Er las sie sehr aufmerksam. Er schenkte sich noch einen Cognac ein, nach kurzem Zögern uns auch. „Mein lieber Herr Gesangsverein. Du verdienst mehr Geld als ich. Wenn du jetzt auch noch für diese IGDuM arbeiten willst, was macht da denn deine Zeitplanung? Du weißt, die Schule geht auf jeden Fall vor. Das haben wir vereinbart und ich möchte da keinen Deut davon abrücken. Das gilt auch für deine Hilfen."

„Wir haben es uns genau ausgerechnet", erklärte Renate. „Montags kopiert Paul, nach den Hausaufgaben, die Bilder. Da kann es halt auch mal später werden, wir sind ja am Montag nicht da. Dienstag bis Donnerstag, ist Lernen angesagt. Liebe gibt es nur, wenn das Lernen erfolgreich war. Freitag fallen normalerweise keine Hausaufgaben an. Bei Klausuren am Montag, wird am Sonntagmorgen gelernt.

Freitagmittag gibt es drei Stunden für den Verlag, falls Aufträge vorliegen. Wir denken, am Samstag könnten wir für Herrn Wollweber zwei Stunden reservieren. Lis und ich werden kräftig mithelfen. Wir müssen ja unser Taschengeld verdienen. Wenn in der Schule etwas quer läuft, dann fallen eben eine oder beide Sitzungen aus. Paul sagt, es macht ihm Spaß, Fotos zu machen. Mir macht der Schreibkram Spaß. Ich werde bei Mom, ich darf doch so sagen, gell?" Mom nickte. „Meine volle Zeit abarbeiten. Mein Schulstress ist nicht ganz so schlimm, ich arbeite nur auf eine Zwei im Abschluss hin. Ich beweise mich lieber in meiner Arbeit. Wenn sie Spaß macht, dann geht sie mir leicht von der Hand", referierte Renate sehr ernsthaft. „Ihr seid eine Saubande! Aber ihr habt recht. Sein Vergnügen verdient man nur mit Fleiß und Arbeit. Nur was ehrlich verdient ist, kann man in Ruhe genießen. Ihr könnt zusagen. Haltet euch einen Rücktritt offen. Du, Renate, schreibst wohl den Brief, lass ihn mich bitte sehen. Ich gehöre halt zu eurem Verein, bis Paul alt genug ist."

„Das ist selbstverständlich. Brauchen sie eine Kopie?"

„Nö. Sag übrigens auch Pop, wenn du magst. Den Papierkram tue ich mir nicht an. Von dem kleinen Gewinn könnt ihr in Wien ja richtig prassen. Ich habe übrigens doch noch Karten für die Galavorstellung zu Sylvester, in der Oper, bekommen."

Renate sauste, anders kann ich es nicht beschreiben, zu ihm hin. Er wurde abgeküsst und gedrückt. „Für die Idee mit Wien muss ich mich ja überhaupt noch bedanken. Paul hat es mir gestern gesagt, als ich ein wenig traurig war, wegen seiner Reise in den Herbstferien. Da hätte ich ihn eigentlich für mich haben wollen. Ich gönne natürlich Lis die Reise aus ganzem Herzen. Jetzt, mit Wien, sogar noch viel mehr."

Pop rückte sich die Krawatte wieder zurecht und lachte schmetternd los. Dann meinte er, auf Mom zeigend: „Es war ihre Idee." Man kann es sich vorstellen, Renate flitzte zu ihr. Mom schreckte hoch, dann lächelte sie und ließ sich gerne beschmusen.

Danach ging Renate nach oben, wir hatten jetzt eine eigene Schreibmaschine. Sie schrieb das Angebot, zeigte es Pop, der zeichnete es ab, ich unterschrieb. Ein großer Schritt war getan. Ein bisschen schwindelig war mir aber schon. Wenn ich alle 14 Tage nur jeweils 50 Bilder für diese IGDuM machte, dann waren das - 30000 Mark. Das ist eine Menge Geld -- für einen Schüler ...

Mom holte mich in die Wirklichkeit zurück: „Der Brief von Traudl ist ja ganz reizend. Bei der, hast du, mein lieber Paul, ja schweren Eindruck hinterlassen. Behandle sie so gut wie Lis, und sie wird dir ein Leben lang eine gute Freundin sein. Die Schilderung von Leila aber, die ist ja einfach göttlich. Das mit den 101 Rosen war mir unbekannt. Kannst du mir eine Kopie des Briefes machen lassen? Ich könnte ihn noch 101 Mal lesen. Sie ist ein sehr liebes Geschöpf. Ich würde sie gerne kennen lernen."

„Wenn ihr nichts dagegen habt, lade ich Leila, Traudl und Peter, zu den Osterferien, nach Stuttgart ein. Leila soll bei Lis schlafen, um erst gar keine Probleme zu schaffen, Kristin schicke ich mit Axel in ein Hotel, wenn sie nicht sowieso wegfahren. Peter und Traudl schlafen im Gästezimmer. Es sind ja Geschwister."

Mein Vorschlag wurde akzeptiert. Lis war noch nicht gefragt worden, das mache ich morgen.

Renate stand auf. „Es waren bemerkenswerte 24 Stunden. Ich werde noch schnell die Küche fertig machen, dann geht es nach Hause. Ich komme dann erst wieder am Dienstag. Morgen muss ich mit meiner Familie los."

„Kann ich dir helfen?" Bot ich an.

„Geschirr kann ich auch alleine kaputt machen. Bleibe du bei Mom und Pop." Sie ging lachend in der Küche.

„Da hast du einen richtigen Schatz aufgetrieben mein Sohn. Schade, dass sich eure Wege wieder trennen werden", seufzte Mom. „Das Leben als Liebespaar ist halt schwer und voller Fallen. Ihr erlebt grade die erste wirkliche Liebe und sie ist auch noch so kompliziert, weil Lis da hineinspielt - und ihren Teil verlangt. Mit vollem Recht. Aber, diese Zeit werdet ihr wohl nie vergessen und, da bin ich ganz sicher, Renate wird ihren Zukünftigen oft betrügen, wenn sie mit ihren Gedanken bei dir ist. Behandle deine beiden Frauen gleich liebevoll. Bevorzuge keine, und ihr werdet eure Liebe genießen. Wie gerne wäre ich in deiner Situation." Pop guckte ein wenig schräg.

Renate war kaum weg, da klingelte Lis, mit einer Tasche in der Hand. Ich ging mit ihr zu Mom und Pop. Wir plauderten ein Weilchen, dann gingen wir hoch. Oben erzählte ich ihr von gestern, bei Familie Schäfer. Ich wusste, dass sie das besonders interessierte.

„Es gibt jetzt nur noch ein Problem: Mama und Papa müssten es eigentlich auch wissen, oder was meinst du? Das wird sie auch beruhigen von wegen ... du weißt schon, unser Versprechen. Ich glaube zwar, die beiden vertrauen uns, sonst hätte Papa nie zugelassen, dass ich, einfach so, bei dir übernachten darf."

„Da hast du Recht. Das ist die letzte Lücke. Ich glaube, da brauchen wir noch einmal den erfahrenen Rat von Mom. Das reicht aber sicher auch noch nächste Woche."

Lis küsste mich überschwänglich, dann fragte sie: „Kann ich heute Nacht bleiben? Ich habe es zu Hause gesagt."

Daher also die Tasche, dachte ich. „Natürlich kannst du. Ich sage später unten Bescheid. Schon wegen des Abendessens."

„Das wollte ich eigentlich machen. Mama hat mich eingewiesen. Ich habe auch geübt, ein Frühstück zuzubereiten. Ich habe nämlich über deinen dummen Vorschlag nachgedacht. Ich werde dich heiraten! Du studierst sechs Semester, da gehe ich zur Haushaltsschule. Papa sagte, du musst dann noch die Welt sehen. Das sehe ich ein und finde es vernünftig. Ich gebe dir ein Jahr. Da kannst du dir auch gleich die Hörner abstoßen. Dann, denke ich, können wir heiraten und Kinder bekommen. Drei mindestens. Du wirst keinen Grund mehr haben fremd zu gehen. Sollte es, bei deinem Beruf, doch mal passieren, ist es kein Beinbruch, wenn du es mir gestehst. Soweit reicht meine Liebe allemal. Bisher sind wir mit Ehrlichkeit gut gefahren. In unserer Ehe soll es das Leitmotiv sein. Nun sag schon was!" Sie zog sich in ihre Couchecke zurück.

„Das war ja eine richtige Ansprache und ich bin sprachlos. Hast du das alles auch mit Papa besprochen? Und was meint er dazu?"

„Er hat mich mal wieder ganz fest geknuddelt."

„Ich sag dir was, ich werde es nachher, beim Kaffee, unten verkünden und, um die Sache rund zu machen, sage ich es auch deinem Papa, dass wir uns an deinem Geburtstag verloben möchten. Dann braucht er sich auch keine großen Gedanken wegen dem -- du weißt schon, machen. Mit Achtzehn dürftest du ja auf alle Fälle mit mir schlafen -- dann bist auch du, endlich, alt genug. Ich denke, der Fairness wegen, solltest du aber Renate anrufen und es ihr sagen. Eure Vereinbarung ist zwar klar, aber, das habe ich in den letzten Stunden gemerkt, nur Ehrlichkeit schafft Vertrauen."

Sie sagte nichts, sondern ging zum Telefon. Ich ging raus. Ich musste sowieso von dem Wein, zum Mittagessen, etwas loswerden. Als ich zurückkam, legte Lis gerade auf.

„Sie hat mir zu meinem Entschluss gratuliert. Sie gab mir liebe Grüße an dich und, es sei mit Abstand die beste Idee überhaupt. Dass sie mir zweimal Zwillinge wünschte, fand ich allerdings merkwürdig. Ich glaube, sie hat es aber nur gut gemeint."

Dann fiel sie mir um den Hals. Ihre Gefühle quollen über und ich musste sie trösten, ihr vielmehr gut zureden. Aber was tut man nicht alles für seine Liebste.

Um Vier gingen wir runter. Pop kam mit Mom auch gerade aus deren Zimmer. Die beiden hatten wohl ihre Mittagspause zusammen verbracht. Ich sagte, dass Lis über Nacht bliebe und ich jetzt den Kaffeetisch decken würde, Renate hätte einen Gugelhupf gebacken. Meine Eltern waren natürlich einverstanden. Wegen dem Gugelhupf besonders, der ist Renates Spezialität.

„Wir haben uns heute entschlossen, uns am achtzehnten Geburtstag von Lis zu verloben", sagte ich völlig harmlos beim Kaffee.

Lis saß mit hochrotem Kopf da, als ich es verkündete. Mom lächelte.

Pop lachte. „Mein Junge, du willst wohl dieses Wochenende voll klar Schiff machen. Also, ehrlich, ich habe es schon gesagt, Renate wäre mir lieber." Lis zuckte zusammen. „Aber, dass daraus nichts wird, ist mir auch klar." Lis atmete auf. „Meine Zuneigung ging sowieso und hauptsächlich durch den Magen. Das Mädchen kann einfach gut kochen. Sonst bin ich natürlich mit eurer Verlobung einverstanden. Es ist zwar kurzfristig, irgendwie habe ich es aber erwartet. Du, liebe Lis, bist in unserer Familie herzlich willkommen, ich glaube, ihr werdet ein gutes Ehepaar. Ihr werdet euch noch ein bisschen die Hörner abstoßen müssen, dann spricht aber nichts gegen eine Heirat."

„Alles Glück auf Erden für euch. Ich kann es kaum fassen, wie vernünftig und zielbewusst, ihr euere Zukunft gestaltet", sagte Mom. „Ich ahne, dass du, meine zukünftige Schwiegertochter, der treibende Kern bist. Du hast ja auch Renate ins Spiel gebracht. Mit ihr, als deine Freundin, hast du alles im Griff, wie man so schön sagt. Paul kann Erfahrung sammeln, die Situation für dich ist durch die Vereinbarung aber klar - er ist für Renate halt nur der geliehene Mann."

„Ich gebe es ja zu, das war genauso geplant. Aber sagen sie, hatte ich eine andere Chance? Dass alles plötzlich so schnell geht und auch noch so gut endet, damit hatte ich nicht gerechnet. Papa sagte früher einmal, ich sei ein kleines Biest. Er hat wohl Recht. Aber nur was meine Zukunftspläne angeht. Ich bilde mir ein, den richtigen Mann gefunden zu haben. Ich wäre blöde, würde ich nicht alles versuchen, ihn mir zu angeln und vor allem, ihn festzuhalten. Das mit den Hörnern abstoßen hat Papa übrigens auch gesagt", bestätigte Lis.

Pop ließ die Gläser im Schrank klirren und Mom lachte mit. „Ja, du wirst die richtige Frau für unseren Paul. Das gibt eine sehr feurige Ehe, du hast Haare auf den Zähnen und lässt nichts anbrennen. Ich freue mich jetzt schon auf meine Enkel. Wenn die alle Eigenschaften ihrer Eltern erben, dann werden wir viel Freude auf unsere alten Tage hin haben. Ich werde sie als Oma aber hegen und pflegen, das verspreche ich dir. Sag übrigens, bitte, auch Pop und Mom zu uns, wie Renate es seit heute ebenfalls tut."

Lis strahle vor Freude. „Ich werde für diese nette Aufnahme auch kochen lernen. Ich muss es für meinen zukünftigen Mann ja sowieso und mache es gerne für meine zukünftigen Schwiegereltern."

Lis und ich gingen nach oben. Ich gab ihr die Briefe von Leila und Traudl. Über die Geschäftspost referierte ich nur. Den Brief von Traudl gab sie mir, wie Renate, gleich wieder zurück. „Es ehrt dich, mir den Brief zu zeigen. Er geht mich aber nichts an. Traudl ist halt in dich verknallt, dass das keine Zukunft hat, das weiß sie selbst. Ich würde ihr, an deiner Stelle, einen ganz lieben Brief zurückschicken. Wenn er nett ist, würde ich mit ihm unterm Kopfkissen schlafen."

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