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Amors Kuss Teil 02

by BradJames©

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Melissa stieg aus dem Flugzeug, schaute sich um und spürte, wie die Schönheit der Natur ihre beanspruchten Nerven beruhigte. Die leuchtende Sonne ging hinter einem grünen Berg unter und ihre Strahlen ließen die Wolken wie Blut aussehen, dass in der Luft schwebte und drohte, herunterzufallen. Insekten hatten ihre nächtlichen Gesänge bereits begonnen und das letzte Zwitschern der Vögel zeigte, dass bald Dunkelheit herrschen würde.

„Fühlt sich gut an, frische Luft zu atmen, oder?", sagte Psyche, als sie mit einem Rucksack auf dem Rücken und zwei Taschenlampen aus dem Flugzeug stieg. Sie gab eine Lampe an Melissa weiter, stieg wieder in das Flugzeug und kam nach ein paar Minuten heraus, zusammen mit Adam, der noch mehr Taschen auf dem Rücken trug und schwere Benzinkanister hielt. Der ein wenig übergewichtige Pilot lächelte Melissa freundlich an und sagte trocken: „Es ist ein ganz schöner Berg, den Sie da erklimmen müssen, aber sobald Sie das Haus erreichen, wird sie die Panoramaaussicht umhauen."

Melissa nahm ihm eine der schweren Taschen ab - jetzt hatte sie drei Taschen zu tragen -, hob fragend eine Augenbraue und fragte: „Haus? Ich dachte, es wäre eine Hütte." Adam lachte und sagte: „Psyche und ihre Familie untertreiben gerne mit allem, was sie besitzen. Ihr Herrenhaus ist ein normales Haus, ihre Limousine nur ein Auto und so ist auch das Landhaus da oben nur eine Hütte. Harold, ihr Vater, hat schon immer mit seinem Reichtum untertrieben und stellte sicher, dass die Kinder nie zu verwöhnten Rotzbengeln, sondern genauso wie er wurden."

„Hey, wenn ihr fertig seid, herumzulabern, könnten wir vielleicht losgehen, bevor es dunkel wird?", fragte Psyche ungeduldig. „Was ist denn los, Kleine? Warum so nervös?", fragte Adam zurück. Psyches Fußstapfen folgend antwortete Melissa für sie: „Das ist eine unglaublich lange Geschichte." Kopfschüttelnd murmelte Adam: „Mit diesen Leuten ist alles unglaublich."

Als sie hintereinander den steil ansteigenden Weg entlang gingen, begann Psyche ihre Strategie zu überdenken und die Zweifel zu bekämpfen, die ihren Kopf besetzten. Sie fragte sich, ob sie wirklich die Aufgaben vollbringen könnte und ob die zornige Mutter sie wirklich ihren Sohn sehen lassen würde, wenn sie es schaffte. Sie nahm an Geschwindigkeit auf und schalt sich selbst. Die Zeit für Zweifel war in der Irrenanstalt vorübergegangen. Es gab kein Zurück mehr. Sie wurde sich klar, dass sie nicht nur für sich selbst, sondern auch für Melissa stark sein musste - die nicht wusste, was sie erwartete. Psyche kam nicht mit den Kopfschmerzen zurecht, die sie seit dem Flug befallen hatten. Sie durchsuchte die Taschen ihrer Jacke nach Aspirin.

Hinter Psyche laufend sah Melissa sie nach etwas suchen und hörte das Geräusch der Pillen in der Aspirindose, was ihr zeigte, dass Psyche eine ihrer Migräneanfälle hatte. Besorgt holte sie Psyche ein und fragte: „Hast du wieder Kopfschmerzen?" Psyche nahm einen Schluck Wasser aus einer Flasche um die Pillen zu schlucken und antwortete: „Ich habe schon seit wir los geflogen sind Migräne." Melissa legte eine Hand auf ihren Arm und hielt sie an. „Warum hast du mir das nicht gesagt?" Psyche schüttelte ihre Hand ab und antwortete ungeduldig: „Eine von uns ist im Flugzeug ausgeflippt, erinnerst du dich?"

Melissa ließ ihre Hand fallen und spürte Schuldgefühle. Sie sollte eigentlich auf Psyche aufpassen und nicht andersherum. Sie lief wieder in den Fußstapfen ihrer Patientin und beschloss ihre eigene Neurose zu ignorieren. Sie war für Psyche da, fertig. Der Pfad wurde noch steiler und als die Dunkelheit langsam aufkam, schalteten die drei ihre Taschenlampen an. Melissa konnte hören, wie Adam hinter ihr keuchte und war froh, dass sie regelmäßig trainierte. Aber als sein Keuchen immer lauter wurde, ließ sie sich zurückfallen und lief neben ihm her.

„Soll ich eine der Taschen nehmen?", bot sie an. „Nein, das geht schon. Außerdem tragen Sie bereits mehr Taschen, als eine junge Frau wie Sie tragen sollten." Melissa lachte und antwortete: „Ich wurde auf einer Farm aufgezogen, also bin ich es gewohnt, schwere Gewichte zu tragen." Lächelnd lief Adam weiter neben ihr her und nach ein paar Minuten, als die Entfernung zwischen ihnen und Psyche groß genug war, um ungestört reden zu können, sagte er leise zu Melissa: „Harold ist sehr besorgt um sie und hat mir ein Handy gegeben, dass ich an Sie weitergeben soll. Seine Nummer ist darauf gespeichert, für den Fall, dass irgendetwas schief geht."

Melissa mochte es nicht, hinter Psyches Rücken zu agieren und sie fragte bedächtig: „Was könnte denn schon schief gehen? Es ist nicht so, als ob sie eine Motorsäge nimmt und mich in Stücke schneidet." Kopfschüttelnd sagte Adam: „Hey, ich bin nur der Pilot - ich tu nur, was man mir gesagt hat." Er zog ein kleines Handy aus seiner Tasche und gab es Melissa. „Die erste Nummer hierauf ist Harolds Nummer und dann kommt meine. Außerdem sind noch Nummer und Adresse des Sheriffs gespeichert. Sein Name ist Jon und er schuldet Harold einen Gefallen. Zögern Sie also nicht ihn anzurufen." Melissa steckte das Telefon ein und murmelte: „Ich verstehe immer noch nicht, was das alles soll."

Adam starrte weiter auf das Licht von Psyches Taschenlampe und sagte: „Psyche ist die sensible der beiden Schwestern. Sie macht zwar den Eindruck, als wäre sie eine starke Person, die jede Last auf sich nehmen kann, aber in Wirklichkeit ist sie sehr empfindlich. Ich kenne sie seit sie ein Baby war, habe gesehen, wie sie geweint hat, wenn sie Vögel oder andere Tiere nicht retten konnte, und sie kommt immer noch nicht mit Tieren klar, die Schmerzen haben. Man muss auf sie aufpassen. Die Last, die sie trägt, welche auch immer das sein mag, frisst sie auf." Verblüfft von seinem Insiderwissen nahm Melissa ihre Augen vom Weg und richtete sie auf Adam.

Der spürte ihre Augen auf sich und antwortete: „Jeder sieht, dass das Mädchen nur mit genug Adrenalin funktioniert. Aber irgendwann ist da nicht mehr genug und das macht ihrem Vater Sorgen. Sie könnte wieder einen Zusammenbruch haben und wer hilft ihr dann?" Dieses Mal schüttelte Melissa ihren Kopf, holte das Handy heraus und sagte: „Ich werde ihr helfen. Aber machen Sie sie nicht schlechter, als sie ist. Sie ist eine sehr starke Frau." Den letzten Satz sagte sie eher zu sich selbst, da sie daran denken musste, wie Psyche im Flugzeug Melissas Probleme vor ihre eigenen gestellt hatte.

Während sie weiter liefen, wurde der Wald lichter und Melissa konnte ein dreistöckiges Häuschen sehen, das auf dem Hügel stand. Man konnte die Haupthütte sehen, von der aus die Erweiterungen vorgenommen worden waren, aber das Haus konnte definitiv nicht Hütte genannt werden. Jedes der Stockwerke hatte kleine Balkone, von denen man die Alaskanische Wildnis überblicken konnte. An Melissa vorbei laufend, sagte Adam: „Ich hab's doch gesagt, es ist keine Hütte."

Als Melissa eintrat, sah sie, dass die Pracht des Hauses gleichzeitig mit Einfachheit kombiniert war. Ihre Augen fanden einen Kamin, der den in ihrer eigenen Wohnung zu Hause mickrig aussehen ließ. Die Möbel schienen ein wenig abgenutzt zu sein und trotzdem sahen die Perserteppiche, die willkürlich auf den Holzboden geworfen waren worden, nach Tausenden von Dollar aus. Die riesigen Sessel neben dem Kamin ließen sie an Bücher, heißen Kakao und Nickerchen denken. „Komm, Melissa, ich führ dich herum. Adam kann die Taschen hochtragen, oder, Adam?" Adam nickte und bedeutete Melissa Psyche zu folgen.

Melissa folgte ihr und sah sich die Hütte genauer an. Wie Psyche gesagt hatte, war sie in der Küche, die so groß war wie Melissas Wohnzimmer, mit allen modernen Geräten ausgestattet. Als sie aus dem Küchenfenster schaute, entdeckte sie einen Pool im Garten. Sich in diesem Palast wie eine Maus fühlend murmelte sie: „Das ist ein prächtiger Ort." Psyche lächelte und antwortete: „Du hast doch nicht gedacht, dass wir hier wie Höhlenmenschen leben, oder?"

Melissa rollte mit den Augen und folgte Psyche die Treppe nach oben, die zu den Schlafzimmern führte. Es gab drei Türen, Psyche öffnete die erste. „Das ist das große Schlafzimmer." Melissa sah ein riesiges Bett, das so hoch war, dass man einen Hocker brauchte, um hinein zu steigen. Es war, wie sie es sich vorgestellt hatte, bedeckt mit Pelzen und sie war sich sicher, dass es sehr weich war. „Ist alles hier...?" Ihre Stimme verstummte, während sie den Raum weiter begutachtete und ein bedecktes Möbelstück sah, das aussah wie ein Spiegel. „Ja, hier ist es alles passiert.", antwortete Psyche. Melissa konnte sich nicht zurückhalten und ging zu dem bedeckten ovalen Möbelstück, das so groß wie sie selbst war.

Psyche sah, wie Melissa auf den Spiegel zuging und ihr stockte der Atem. Panik überkam ihren Körper und als Melissa das Tuch, das ihn bedeckte, bereits berührte, öffnete sich Psyches Mund um ihr zu sagen, es loszulassen. Aber keine Worte verließen ihren Mund. Angst unterdrückte ihre Stimme und sie konnte sich nicht bewegen. ‚Nein, zieh es nicht runter.', wollte sie sagen. ‚Noch nicht, ich bin noch nicht bereit. Nein, bitte, nicht jetzt.' „Hey, Kleine, wo willst du Memes Taschen?"

Adams Stimme entriss die Frauen ihrer Trance. Melissa drehte sich vom Spiegel weg, ging auf Adam zu, nahm ihre Taschen und sagte: „Entschuldigung, Adam, ich hätte mich um meine Taschen selbst kümmern sollen. Und wer ist Meme?" Adam lachte und antwortete: „Melissa ist zu lang. Meme klingt kurz und sexy." Melissa schlug ihn spielerisch auf den Arm und fragte: „Flirten Sie mit mir?" Adam rieb seinen Arm, schaute sie verletzt an und fragte Psyche: „Wirst du die ganze Zeit den Spiegel anstarren oder mir sagen, wo ich ihre Taschen hinstellen soll?"

Psyche zog ihre Augen vom Spiegel weg und zwang sich die beiden anderen anzuschauen, die nichts von der Katastrophe ahnten, denen sie eben knapp entgangen waren. Sie räusperte sich und sagte: „Ich denke, Melissa würde das Zimmer am Ende des Flurs mögen. Der Blick auf die Berge ist von da aus fantastisch. Könntest du sie dorthin bringen? Und, Adam?" Adam drehte sich zu Psyche um, die in diesem Moment irgendwie verletzlich schien. Als er jedoch blinzelte, sah sie wieder normal aus. „Würdest du zum Abendessen bleiben?" Als er nickte, lächelte Psyche Melissa an und sagte: „Ich würde sagen, du machst dich erstmal zurecht, ziehst dich um und wir treffen uns in zehn Minuten unten?" Während Adam die Tür hinter sich schloss, ging Psyche auf den bedeckten Spiegel zu, fühlte seine kühlen Marmorstücke durch das Tuch und sagte: „Ich bin hier, Schlampe. Ich bin für alles bereit, was du mir auftischen willst. Aber wie mein Vater schon sagte: ‚Trete deinem Feind niemals mit leerem Magen gegenüber.' Ich treffe dich, wenn ich satt und ausgeruht bin."

Written by: BradJames

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Story Tags: amor, kuss, psyche, gott, aphrodite

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