Category: Berichte & Abhandlungen Geschichten

Warum?

by gurgy©

Ich erhalte etliche Mails von Lesern, die zwar Literotica-Stories mögen, die sich aber über die Veröffentlichung von Inzest/Tabu-Geschichten empören.

Ich wundere mich jeweils, warum die Entsetzten dann trotzdem weitergelesen haben und oft Bezug nehmen auf das Ende einer Geschichte.

Es gibt bei Literotica in allen Sparten Geschichten, die besser nicht veröffentlicht worden wären: Gewalt, Sex mit erst heranreifenden Jugendlichen, Verletzung der Menschenwürde etc.

Aber recht haben die Kritiker in einem Punkt: Die meistgelesenen Geschichten bei Literotica stammen aus der Sparte Inzest/Tabu. Warum wohl? Sind so viele Schreiber und Leser therapiebedürftig?

Kaum denkt ein erwachsener Autor oder Leser in Tagträumen oder gar ernsthaft daran, sich mit den eigenen Familienmitgliedern sexuell auszutauschen.

(1) Inzest

Der Hauptgrund für die vielen Inzest-Geschichten ist ein anderer: Die Familie steht als Symbol für Geborgenheit. Die Mehrzahl der Menschen (leider nicht alle) erleben die Familie als geschützten Raum, wo man angenommen ist, wo man unversehrt bleibt, wo man sich zu Hause fühlt.

Die Grosszahl derer, die sich durch die ersten hormongeplagten Jahre ihres Liebeslebens gelitten haben, stellen bald einmal fest, dass Sex ohne Gefühle von Geborgenheit und Vertrauen ein Witz ist, kaum mehr als ein Big Mac um die Ecke. Ich spreche hier von Männern. Die meisten Frauen sind ohnehin anders.

Da sucht sich die Fantasie eben einen geborgenen Rahmen für eine erotische Geschichte: eine familiäre Umgebung. Und die Protagonisten sind dann halt imaginäre Familienmitglieder, weil man zu dieser Menschengruppe am meisten Vertrauen empfindet.

(2) Tabus

Erinnert ihr euch noch an die Kindheit, als wir heimlich etwas aus der Küche klauten? Es wäre nur halb so gut gewesen, hätte uns Mama das einfach in die Hand gedrückt.

Oder kürzlich, als wir mit diesem prickelnden Gefühl im Bauch festgestellt haben, dass unser Wagen drei Stunden lang in der Verbotszone gestanden hat? Und kein Bussenbescheid weit und breit!

Wir empfinden Lust beim unbeobachteten Überschreiten von Grenzen.

Und weil in unserer Gesellschaft Sexualität nach wie vor festgeschrieben und reglementiert ist (in unseren eigenen Köpfen!... Gottlob nur in unseren Köpfen. Wie käme es heraus, wenn sich Angela Merkel auch noch um das kümmern müsste), überschreiten wir diese Grenzen in der Fantasie. Und wer weiss, das Eine oder Andere werden wir vielleicht mal ausprobieren... in unserem wirklichen Leben mit unserer / unserem Liebsten.

(3) Pornografisch!

Wer sich eine Porno-DVD auflegt, sieht fertige Bilder, einen Porno halt. Da bleibt bloss das Hingucken.

Wer bei Literoticas Geschichten hereinschaut, sieht in der Regel nur Buchstaben. Es ist der Leser, der die Bilder in seinem Kopf entstehen lässt.

Wir Menschen, Frauen wie Männer, produzieren regelmässig solche Bilder, auch ohne Textvorlage: im Wagen, im Fahrstuhl, in der U-Bahn, aber immer schön brav nach Zensur unseres eigenen Denkens... meistens.

Wenn wir bei Literotica auf einen Text stossen, der uns nicht anspricht, blättern wir normalerweise unbeteiligt weiter. Beginnen wir uns aber eines Textes wegen zu ärgern, so oft nur deshalb, weil wir über etwas in uns selbst stolpern, das wir da lieber nicht hätten. Schnell setzt Abwehr, Ablehnung und Gehässigkeit ein.

Und wir ach so toleranten Menschen, die wir uns ab und zu die Freiheit herausnehmen, bei Literotica vorbeizuschauen, beginnen inquisitorisch abzumahnen.

Kleiner Trost: Die englischsprechende Leserschaft nimmt's gelassener.

(4) Unrealistisch!

Noch nie bin ich auf einen ernsthaften Vorwurf an die Produzenten der Bondfilme gestossen, die 007 Abenteuer wären fern jeder Realität (obschon sie's alle sind). Die meisten von uns schauen sie trotzdem an, mit viel Popkorn und Spass!

(5) Zu guter Letzt

Wem viele Literotica Sparten zu deftig sind, oder wer mehr Realitätsbezug sucht, dem seien die Sparten 'Romanze' und 'Novellen' empfohlen. Es hat da ein paar ganz gute Sachen darunter, vor allem im englischsprachigen Sektor. Die kann man ausdrucken und getrost an den Strand zum Lesen mitnehmen.

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Written by: gurgy

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