Category: Romanze Geschichten

Anita und wir Episode 05.3

by PhiroEpsilon©

Teil 3: Die Hochzeit

9

Zwei Tage vor der Hochzeit kamen Franks Eltern an. Ich weiß nicht, was ich mir vorgestellt hatte, aber Vanessa und Bernd waren ganz anders.

Ich hatte mich extra schick angezogen, um bei meinen Schwiegereltern in Spe ja einen guten Eindruck zu machen, und Vanessa stieg in ausgewaschenen Jeans und einem alten T-Shirt aus dem Auto. Ich trennte mich von Frank und streckte die Hand aus. "Guten Tag, Frau Schuppach, ich bin Laura."

Sie lachte auf. "Hat dich mein Sohn darauf trainiert? Komm, Mädchen, lass dich drücken. Ich bin Vanessa, nicht 'Frau Schuppach'."

Ihre Umarmung war fast so schön wie die von Frank — oder seinem Vater, der mich danach an sich drückte. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Frank auch nicht verschont blieb. Der einzige Unterschied war, dass seine Mutter ihm einen Kuss aufdrückte. Auf den Mund. Und der war nicht von schlechten Eltern.

Okay, das Spiel konnte ich auch spielen. Also drehte ich meinen Kopf und fand die Lippen meines zukünftigen Schwiegervaters. Nicht die kleinste Zurückhaltung konnte ich spüren, als er meinen Kuss erwiderte. Ich wehrte mich nicht dagegen, als er seine Hand auf meinen Rücken legte und mich näher zog.

Ich blickte aus den Augenwinkeln auf Vanessa, um zu sehen, wie sie auf solche Vertraulichkeit reagiert, doch sie grinste mich nur breit an. Keine Missbilligung war zu sehen.

Wir trennten uns. "Herzlich willkommen in unserer Familie", sagte er ernst.

"Danke schön." Ich machte einen kleinen Knicks. Dann wandte ich mich wieder seiner Frau zu. "Wieso habe ich eigentlich von dir keinen Kuss bekommen?"

Ihre Augen wurden groß, und im nächsten Moment umarmten wir uns wieder und küssten uns wie nur zwei Frauen sich küssen können. Das konnte ja noch heiter werden.

"Seid ihr allein gekommen?", hörte ich Franks Stimme.

"Max kommt übermorgen mit dem Bus nach", antwortete Bernd. "Er hat morgen noch eine Projektbesprechung. Jessica und Dorothea kommen mit dem Zug. Die zwei Turteltäubchen haben sich ein Erste-Klasse-Abteil gemietet."

"Turteltäubchen?", fragte ich.

"Noch nicht wirklich aus den Flitterwochen heraus."

Jessica und Dorothea ... Flitterwochen. Aha.

"Hallo", meldete sich da meine Tochter von hinten. "Ich bin Kathi."

Klar, dass sie ihren eigenen Auftritt bei den neuen Großeltern brauchte. Klar, dass sie nicht davor zurückschreckte, beide auf den Mund zu küssen und beim Vornamen zu nennen.

*

Klar, dass Vanessa meine Tochter und mich sofort ins Auto verfrachtete, als sie erfuhr, dass wir noch keine "richtigen" Kleider für die Hochzeit hatten. "Das wird mein Hochzeitsgeschenk", sagte sie zur Begründung.

"Das ist doch nur Standesamt", traute ich mich einzuwerfen.

"Umso wichtiger", gab meine Schwiegermama in Spe zurück. "Dann hast du nur eine Chance, deinen Mann vom Hocker zu hauen."

"Frank ist schon längst runter", bemerkte meine altkluge Tochter. "Der war schon am ersten Tag hin und weg. Außerdem sieht er Mama am liebsten nackt, sagt er."

"Das behaupten die Männer immer", grinste Vanessa in den Rückspiegel. "Aber dann läufst du einen ganzen Tag nackt vor ihnen herum, und wenn du ein Negligee anziehst, fallen sie über dich her."

"Du hörst dich an", sagte ich, "als hättest du damit Erfahrung."

"Wir sind überzeugte Naturisten."

Okay, noch eine neue Information. Ich ließ meinen Blick verstohlen über Vanessa gleiten. Für Anfang vierzig hätte ich sie nicht gehalten, wenn ich ihr auf der Straße begegnet wäre. Allenfalls die Lachfältchen um ihre Augen waren ein Hinweis.

"Gefalle ich dir?", fragte sie.

Okay, also doch nicht verstohlen genug. "Du siehst fit aus."

"Sportlehrerin, aber das hat Frank wahrscheinlich schon erzählt. Und viel Sex, davon hat er wahrscheinlich nichts erzählt."

Ich schüttelte sprachlos den Kopf. Irgendwie klang der letzte Satz so, als ob Frank wissen sollte, wie viel Sex seine Mutter hatte. Nicht unbedingt eine Information, die ein Kind brauchte.

"Mama ist schon ganz wuschig", meldete sich Kathi, "weil sie und Frank noch nicht miteinander geschlafen haben."

Vanessa blickte mich nachdenklich an.

Ich wollte im Boden versinken.

"Er hat ihr nur einen ..."

"Halt. Den. Mund!"

*

Es gibt — was ich vorher noch nicht wusste — in Erfurt ein riesiges Modegeschäft nur für Braut- und Partymoden. Vanessa hatte sich offensichtlich schon vorher darüber schlau gemacht, denn das Navi ihres Autos lenkte uns direkt dahin.

"Ich nehme nicht an", meinte Vanessa, nach einem Rundblick, "dass du ein Brautkleid willst."

O Gott, diese Kleider waren alles Träume in Weiß, aber nichts für eine standesamtliche Trauung.

"Die sind alle", meinte Kathi, "viel zu lang. Mama hat viel zu schöne Beine, um sie zu verstecken."

Vanessa musterte mich und meine Beine sehr intensiv. Dann leckte sie sich über die Lippen. Oh Shit.

"Genau", sagte sie dann. "Also müssen wir zur Partymode."

Neunzig Prozent der Kleider dort waren schwarz. Vanessa begann, durch den Kleiderständer zu blättern.

"Sicher", fragte ich, "dass das hier nicht Trauermode ist?"

Vanessa zuckte die Schultern. "Hast du denn ein LBD?"

"Was ist das schon wieder?"

"Little Black Dress", warf Kathi ein. "Kleines Schwarzes."

Ich blickte meine Tochter groß an.

Sie grinste verlegen. "Man muss sich ja informieren."

Ich wandte mich an Vanessa. "Nein, habe ich nicht. Will ich auch nicht."

Sie griff zu und zog eines heraus. "Sicher?"

Meine Augen wurden groß. Das Ding war geradezu unanständig. Kurz, kürzer, ganz kurz. Ganz sicher würde man beim Bücken das Höschen sehen. Fast überall fast durchsichtig. Rückenfrei. Vorne mit einem Dekolletee bis zum Nabel, die Brüste nur durch eine silberne Brosche vor dem Herausfallen geschützt.

"Oh!", sagte ich. "Oh!"

"Probier' es an", gab Vanessa zurück. "Ich suche nach einem für die Hochzeit."

Ich verschwand in der Umkleidekabine. Das Kleid war himmlisch. Darunter passte natürlich kein BH, und ich würde mich sehr, sehr vorsichtig bewegen und hinsetzen müssen. Ich blickte auf das Preisschild und hielt den Atem an.

"Achtunddreißig?", hörte ich Vanessa fragen.

"Was?"

"Schuhgröße."

"Ja?"

Sie schob ein paar hochhackige Sandalen unter dem Vorhang durch. Schwarz, glänzend. "MANOLO BLAHNIK?", gellte mein Schrei durch das Geschäft. "O mein Gott!"

"Die haben auch Jimmy Choo", kam zurück, "wenn dir die hier zu gewöhnlich sind."

"Gewöhnlich!", keuchte ich. Vierstellig. Die Schuhe kosteten mehr, als ich in einem ganzen Jahr für Klamotten ausgab. Zusammen mit dem Kleid, das ich eigentlich nicht brauchte, drei Jahre mindestens. Trotzdem konnte ich mich nicht zurückhalten hineinzuschlüpfen. Einmal im Leben das Gefühl von Sex and the City...

Ich hatte schon sehr lange keine richtig hochhackigen Schuhe mehr getragen und fühlte, wie sich die Muskeln in meinen Beinen anspannten.

"Sieht gut aus", sagte Vanessa von hinten. Sie war einfach in die Kabine gekommen, ein Kleid und Schuhe in den Händen.

"Meinst du?", überwand ich mich zu antworten.

"Moment", sagte sie, legte die Sachen auf die Bank und trat hinter mich. Dann griff sie mit beiden Armen um mich herum und löste die Brosche, die das Kleid zusammenhielt. Im nächsten Moment standen meine Brustwarzen im Freien.

"Ich bin fast neidisch auf die zwei", meinte sie dann, ihren Blick im Spiegel ohne Scheu auf meine Brüste gerichtet. "Meine fangen langsam an zu hängen."

Ich konnte nichts sagen. Ich konnte nur versuchen, langsam zu atmen. Sie befestigte die Brosche wieder, zehn Zentimeter tiefer. Ich könnte schwören, sie genoss es, meine nackte Haut zu berühren. Jetzt war fast die Hälfte meiner Brüste zu sehen. Aber ich musste zugeben, es sah besser aus.

"Danke", sagte ich. "Aber das Kleid ... die Schuhe ... das ist alles ..."

Sie legte den Finger auf meinen Mund. "Psst. Lass mir den Spaß. Bück dich mal."

Ohne nachzudenken, tat ich es, merkte plötzlich, dass sie uneingeschränkten Blick auf mein Höschen hatte. Gottseidank trug ich einen Tanga, und keines meiner "praktischen" Weißen.

Ich hörte sie Luft holen, blickte in den Spiegel. War die Frau etwa scharf auf mich? Zumindest sah ihr Gesicht so aus.

Sie schüttelte den Kopf. "Hast du auch andere Slips?"

"Keinen, der hierzu passen würde. Und Strümpfe bräuchte ich auch noch."

"Darum kümmern wir uns später. Jetzt probier' das hier."

Sie drückte mir das andere Kleid in die Hand und verschwand.

*

Hunderte von Kleidern später war sie endlich zufrieden. Ich hatte es aufgegeben, mir Gedanken über die Preise zu machen. Wenn meine Schwiegermutter in Spe beschlossen hatte, mich auf tausend PS zu tunen, würde ich ihr den Spaß lassen.

Ich hatte es geschafft, sie dann auf drei Kleider — jeweils mit passenden Schuhen — zu bremsen. Nur der Gegenwert eines Kleinwagens, kein Rolls Royce.

"Wo ist eigentlich Kathi abgeblieben?"

Sie zeigte mit dem Finger auf die Rolltreppe. "Nach allem, was ich bisher von deiner Tochter gehört und gesehen habe, mischt sie gerade die Jugendabteilung auf."

Wir setzten uns in Bewegung.

"Hat sie eigentlich recht mit ihrer Bemerkung?"

Ich wusste ganz genau, was sie meinte, zuckte aber nur die Schultern. "Ich schäme mich manchmal für sie."

"Tu's nicht. Das Mädchen ist geradeheraus, ohne wirklich frech zu sein. Das findet man heute selten."

"Sie ist vorlaut."

"Das gibt sich. Meine Jungs waren viel zu ruhig. Die sind erst vorletztes Jahr wieder aufgetaut."

Ich blickte sie fragend an.

Sie schüttelte den Kopf. "Wenn Frank dir noch nicht davon erzählt hat, will ich ihm nicht vorgreifen."

Ich wollte gerade auf die Rolltreppe, als Vanessa einen seltsam erstickten Laut von sich gab. Ich folgte ihrem Blick ... Victoria's Secrets. "Bleib ruhig hier unten", sagte ich. "Du darfst mir gern ein paar passende Sets raussuchen, inzwischen kennst du meine Körbchengröße ja besser als ich."

Sie grinste mich an, blickte an mir herunter und leckte sich wieder — sehr demonstrativ — die Lippen. Ich lachte auf.

Sie machte einen Schritt auf mich zu. "Weißt du übrigens", sagte sie, "was ich dir voraushabe?"

Ich schüttelte verwirrt den Kopf.

Sie kam noch näher und flüsterte mir ins Ohr. "Ich weiß, wie der Schwanz meines Sohnes aussieht." Und damit verschwand sie.

Ich brauchte einige Zeit, bevor ich wieder ruhig atmen und mich auf die Rolltreppe stellen konnte.

*

Kathi sah aus wie ein Engel. Sie trug ein Chiffonkleid in Beige, mit einem einzelnen Träger über ihrer linken Schulter. Offensichtlich kombiniert mit einem trägerlosen BH, denn sie hatte mindestens eine Körbchengröße mehr als sonst.

Sie drehte sich um ihre Achse, und der Kleidersaum flog hoch. Sehr hoch.

"Das darfst du aber nicht machen", meinte ich, "wenn wir unter Leuten sind."

"Wieso?", sagte sie unschuldig, die Augen weit aufgerissen. "Sieht man meine Strumpfbänder?"

Diese freche Göre. Ich konnte nur nicken.

Sie strahlte.

Ihre Strümpfe waren einen Tick heller als das Kleid. Wie gesagt: Engel. Nur die breiten Spitzenbänder am oberen Ende ihrer Stayups trübten das Bild kompletter Unschuld etwas.

Ich holte tief Luft. "Ich hoffe nur, du lässt dir länger Zeit, einen Mann zu verführen, als ich das getan habe."

"Mama ..." Sie blickte mich ernst mit großen Augen an. "Was würdest du sagen ..." Sie stockte.

"Ja? Heraus damit."

"Ich meine, da sind diese beiden, von denen Bernd erzählt hat — Jessica und Dorothea ... verheiratet."

Meine Augenbrauen wanderten hoch. "Willst du etwa sagen..."

Sie zuckte die Schultern. "Ich meine nur zum ... äh ... ausprobieren. Das ist doch ... äh ... ungefährlich." Sie wurde rot, biss sich auf die Lippe. "Mit einem Mädchen."

O Gott! Sie war noch keine vierzehn. Ich holte tief Luft. Wenn ich allerdings schon Erfahrungen gehabt hätte, bevor Arschloch mich in die Finger bekam, wäre mein Leben ganz anders verlaufen.

"Gleichaltrige!", platzte ich heraus. "Such dir jemand in deinem Alter."

Ihre Augen wurden noch größer. Sie sprang auf mich zu und umarmte mich wild. "Danke, Mama, danke!"

10

Der große Tag. Frank war gleich nach dem Frühstück verschwunden, um seinen Bruder abzuholen und dann "noch etwas zu erledigen." Wir würden uns danach vor dem Standesamt treffen.

Was hatte er denn nun noch vor? Frank und Kathi waren gestern schon den ganzen Tag ohne mich unterwegs gewesen. Erst beim gemeinsamen Abendessen — wieder im Saigon, aber diesmal von Bernd bezahlt — hatten wir an einem Tisch gesessen.

Ich hatte mich fast den ganzen Abend mit Vanessa unterhalten; sie hatte zu Franks größtem Unmut Unmengen von peinlichen Jugendgeschichten zum Besten gegeben und sogar Babyfotos herumgezeigt. Irgendwann war mir klargeworden, dass Frank und Max Zwillinge sein mussten, was meinen ganz privaten Fetisch noch mehr anheizte. Hoffentlich konnte ich mich im Zaum halten, wenn ich auf ihn traf.

Vanessa war rechtzeitig angekommen, um mir "beim Anziehen zu helfen." Außer beim Reißverschluss wäre das überhaupt nicht notwendig gewesen, aber es machte ihr einen gewaltigen Spaß, mich auch in der Beziehung zu bemuttern. Wobei die Blicke, die sie mir — meinem ganzen Körper — zuwarf, nicht wirklich mütterlich waren.

Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus. "Ich wäre nicht deine erste Frau im Bett, oder?"

Sie zuckte leicht zusammen, grinste dann verlegen. "O Gott, bin ich so offensichtlich?"

"Ehrlich gesagt ja. Ich habe das Gefühl, du würdest mich viel lieber aus- als anziehen." Ich blickte sie nachdenklich an. "Nicht, dass ich da grundsätzlich etwas dagegen hätte."

Sie ließ sich auf einen Stuhl plumpsen. "Ich bin ja so eine Schlampe geworden."

"Nein, das habe ich nicht gemeint. Du machst nur aus deiner Sexualität keinen Hehl. Und es ist ja wahrscheinlich nicht so, als ob du Leute auf der Straße anspringst und ihnen die Kleider vom Leib reißt."

Sie kicherte. "Hoffentlich kriege ich das Bild wieder aus meinem Kopf. Nein. Tue ich nicht. Aber ich habe mich so daran gewöhnt, mich in der Familie nicht mehr zu verstecken ..."

"Es ist mir nicht unangenehm, wenn du das meinst. Ich würde das nur gerne zuerst mit deinem Sohn abklären."

Sie blickte mich mit einem ganz seltsamen Ausdruck an.

Ich runzelte die Stirn. "Hast du etwa mit dem auch schon Sex gehabt?"

Sie holte Luft. "Kein Sex."

Ich konnte nicht mehr. Ich brach in schallendes Gelächter aus.

"Ich weiß", keuchte ich dann, "was Frank unter 'kein Sex' versteht. Hat er diese Definition von dir?"

Sie grinste verlegen, blickte nach unten. "Kann sein?", murmelte sie.

Ich griff mit zwei Händen nach ihren Schultern und drückte sie an mich. Scheiß auf die Kleider. "Ich mag dich", sagte ich. "Ich freue mich, dass ich deinen Sohn heirate und dann Teil eurer Familie werde." Ich schob sie auf Armeslänge von mir und blickte ihr in die Augen. "Und wenn Frank nichts dagegen hat, können wir beide auch 'Freunde mit Vorzügen' werden."

Sie holte nochmal tief Luft. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass er irgendetwas dagegen hätte", sagte sie leise.

*

Vanessa, Kathi und ich fuhren mit dem Taxi zum Standesamt. Bernd war schon da, bei ihm zwei Frauen, die sich als Jessica und Dorothea vorstellten.

Jessica war etwa so groß wie ich, trug allerdings Killer-Heels, die sie sogar über Bernd hinaushoben. Sie war dunkelblond, schlank, und trug ein Kleid mit außenliegendem Korsett. Fast schon Goth-Stil, wenn es nicht leuchtend gelb gewesen wäre.

Dorothea, ihre Ehefrau, war wahrscheinlich einen halben Kopf kleiner, trug aber viel weniger Absatz. Sie war dunkelhaarig, kurvig und füllte ihr kurzes Sommerkleid oben und unten gut aus.

Nach meinem Gespräch mit Vanessa war ich nicht überrascht, dass sie beide nicht nur mit Küssen auf den Mund, sondern auch mit Händen auf dem Hintern der jeweiligen anderen begrüßte. Ich beließ es erst einmal mit Händeschütteln und einem leichten Kuss auf den Mund.

Kathi verschlang die beiden geradezu mit Blicken, war dann aber recht zurückhaltend und nachdenklich bei der Begrüßung. Nach dem, was sie mir gestanden hatte, konnte ich das gut verstehen. Ich schloss in Gedanken eine Wette ab, wie lange es wohl dauern würde, bis sie eine der beiden oder auch beide wegen ihrer lesbischen Beziehung grillte.

Ich blickte auf die Uhr. Es wurde langsam Zeit, und der Bräutigam war noch nicht da. Ich sah, wie Vanessa telefonierte. "Sie sind gleich da", sagte sie mir dann.

"Hoffentlich!", stieß ich hervor und ließ meine Blicke die Straße hinauf und hinunter schweifen.

Ein Taxi tauchte auf, schoss geradezu heran und hielt mit quietschenden Bremsen am Bordstein.

Die hintere Tür ging auf und heraus stieg Frank mit einem breiten Grinsen auf dem Gesicht. Moment mal. Nein. Der Kerl hatte zwar dasselbe Gesicht wie Frank, aber einen schmäleren Körperbau.

Nicht dürr, aber auch nicht Franks breite Schultern. O Gott. Das musste Max sein, der Zwilling. Mir wurden die Beine weich. Lass dir jetzt nur nichts anmerken. Mein Lächeln musste wohl etwas gequält ausgesehen haben.

Jetzt öffnete sich auch die vordere Tür — Frank hatte wohl noch den Fahrer bezahlt — und ja, das war mein Bräutigam. Die beiden trugen auch noch den gleichen Anzug, die gleiche Krawatte, die gleichen Schuhe und das gleiche freche Grinsen auf dem Gesicht.

"Wir mussten noch", sagte Frank statt einer Begrüßung, und deutete mit dem Zeigefinger hin und her, "unsere Anzüge abholen."

Ich lächelte ihn zuckersüß an und streckte ihm eine Hand entgegen. "Hallo, du musst Maximilian sein. Ich bin Laura."

Ihm fiel das Gesicht herunter.

Der richtige Max hatte mich wohl schneller durchschaut als Frank und machte ein paar Schritte auf mich zu. "Ja, Liebling", sagte er, frech grinsend. "Das ist mein Bruder."

Er umarmte mich und wollte mir einen Kuss geben. Ich jedoch schob meine Hand dazwischen. "Ich habe dir doch gesagt, du sollst mich nicht in der Öffentlichkeit 'Liebling' nenne. Böser Junge!"

Dann schnappte ich seine Hand und zog ihn in Richtung Eingang. "Sieh zu, dass du in die Pötte kommst, Kleiner", fauchte ich in meiner allerbesten Xanthippen-Darstellung. "Wir müssen heiraten."

Inzwischen hatte sich die "Verwechslung" offensichtlich unter den Hochzeitsgästen herumgesprochen, und aus Fremdschämen wurde Gelächter.

Frank — der Echte — stellte sich mir in den Weg. "Was willst du denn?", machte ich ihn an. "Stell dich hinten an. Dein Bruder war zuerst da."

Ich versuchte — immer noch mit Max im Schlepptau — mich an ihm vorbeizudrücken, doch er nahm mich einfach in seine Arme und küsste mich. Männlich, hart, liebevoll; so wie ich es brauchte.

"He", machte ich. "Was soll das?"

"Bist du sicher", brummte er mir ins Ohr, "dass du wirklich den richtigen Schuppach-Zwilling heiratest? Oder willst du vielleicht uns beide?"

Ich hätte beinahe "Ja" geschrien, doch konnte gerade noch meine Lüsternheit im Zaum halten. Außerdem verschlossen seine Lippen schon wieder meinen Mund.

"Hmmm", sagte ich, als er mich das nächste Mal Atem holen ließ. "Du bist schon sehr überzeugend. Ich glaube, ich gebe deinem Bruder den Laufpass und nehme dich."

Laut genug, um Beifall bei den umherstehenden Hochzeitsgästen auszulösen.

"Vielen Dank, vielen Dank", sagte Max und verbeugte sich mit überschwänglicher Geste. "Wir sind noch länger hier und führen dieses Theaterstück täglich auf."

Gelächter. Frank ließ mich langsam herunter, jedoch ohne mich freizugeben. "Bevor du es dir wieder anders überlegst", brummte er, "sollten wir reingehen."

"Wie?", sagte ich. "Kann dein Bruder etwa besser küssen als du? Dann könnte ich vielleicht doch ..."

Er schob mich jetzt ernsthaft Richtung Eingang, wo der Standesbeamte schon auf uns wartete.

"Das Thema ist noch nicht abgeschlossen", murmelte ich, mehr zu mir selbst als zu ihm.

Er grinste mich an und drückte meine Hand. Ich grinste zurück.

Er blieb stehen. "Bist du bereit?", fragte er.

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