Category: Romanze Geschichten

Anita und wir Episode 05.2

by PhiroEpsilon©

Teil 2: Der Ex

5

Ich war fünfzehn, als ich mich Hals über Kopf verliebte. Mein Vater war früh gestorben, und meine Mutter arbeitete über zwölf Stunden am Tag. Im Rückblick hatte ich nicht viel Liebe in meinem Leben gehabt — und das ist auch der Grund, dass ich Kathi eher zu viel mit Liebe überschütte, sie soll nicht meine Fehler wiederholen.

Doch zurück zu mir. Der Typ — ich nenne ihn inzwischen nur noch Arschloch — war schon erwachsen, eigentlich viel zu alt für mich, aber trotzdem gab er mir die Zuwendung, die ich wollte — brauchte. Er sagte er würde mich lieben, er wollte mit mir zusammen sein. Er gab mir Geld für Makeup, damit ich älter aussah. Und für Klamotten. Er nahm mich mit auf Partys, kümmerte sich um mich. Bald schon wusste ich, wie Alkohol schmeckt, dann begann ich zu rauchen. Gras.

Dann kam der Sex. Er war sehr erfahren, brachte mich immer zum Orgasmus. Ich begann es zu lieben. Im Rückblick war ich wohl fast süchtig danach.

Nach einem Vierteljahr hatte er mich so weit, dass ich mit ihm durchbrannte. Er erklärte mir, dass er auf der Suche nach Arbeit war, und ich bis dahin für das Einkommen sorgen sollte.

Wie denn das?

Naja, warum nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden? Ich wollte Sex; er kannte da ein paar Leute, die auf junge Mädchen standen. Wenn ich mich noch ein bisschen jünger machte, als ich sowieso war ... Ich hatte nichts dagegen, für mich war es ein Spiel.

Zöpfe, weiße Bluse, kurzer Faltenrock, weiße Socken, Lackschühchen. Voll das Schulmädchen-Klischee.

Sex machte echt Spaß. Den Hintern verdroschen zu bekommen, weil ich "unartig" gewesen war, nicht so sehr. Aber es gab feste Regeln. Nur die flache Hand, nur auf den Hintern. Sex nur mit Gummi. Meine Kunden waren von Arschloch handverlesen, zahlten exorbitante Preise — von denen ich zumindest am Anfang einiges abbekam — und genossen es, wenn ich sie "Daddy" nannte. Beziehungsweise "Mami". Oder "Mami und Daddy".

Ich war so scharf auf Sex, dass ich nach drei Kunden zu Arschloch ins Bett hüpfte, um mich von ihm nochmal richtig durchficken zu lassen. Dummerweise ohne Gummi.

Einen Monat später war ich schwanger. Und als mein Bauch dicker wurde — ein schwangeres Schulmädchen brachte noch mehr Geld.

Nach der Geburt überzeugte er mich, dass unsere Tochter bei seiner Mutter besser aufgehoben war. Weil, da gab es noch ein paar Kunden, die auf Milch von der Quelle standen.

Alle zwei Wochen besuchten wir die Kleine. Ich wurde zum ersten Mal misstrauisch, als er mir dafür die Augen verband. Seine Erklärung muss er mir im Drogenrausch untergejubelt haben. Auf jeden Fall fanden die Treffen nicht bei seiner Mutter statt, wo Kathi lebte, sondern in einem Haus, das von einer hohen Mauer umgeben war. Irgendwo in der Nähe von Frankfurt.

Arschloch setzte mich dort immer ab, fuhr nochmal weg, und kam eine halbe Stunde später mit Kathi zurück.

* * *

Ich nahm einen Schluck Bier und blickte Frank fragend an. Sein Gesicht war emotionslos. Er sagte nichts. Ich zuckte die Schultern und erzählte weiter.

* * *

Ich habe Kathis erste Worte verpasst. Ich habe ihre ersten Schritte verpasst. Ich habe ihren ersten Geburtstag verpasst. Sie war gerade ein Jahr alt geworden, ich saß in dem Haus, wo wir uns immer trafen, und da kam sie an seiner Hand reingestolpert und sagte "Mama".

Es traf mich wie ein Schlag. Mir wurde klar, was geschehen war. Ich wusste, dass ich etwas tun musste.

Mein Versuch, mit ihm darüber zu reden, endete katastrophal. Blaues Auge, blaue Flecke an den Armen, Hirnerschütterung. Eine Woche lang in einem dunklen Raum eingesperrt, bis ich wieder präsentabel war. Ein Vierteljahr keinen Besuch bei Kathi.

Doch ich nutzte dieses Vierteljahr.

* * *

"Tomaš-Daddy", schnurrte ich, "liebst du mich?"

"Aber ja doch, Lauritschka, mein kleines Mädchen." Er streichelte meinen nackten Hintern.

"Kannst du mir bei einem Problem helfen?"

"Wen soll ich für dich beseitigen?"

Tomaš meinte das nicht witzig. Er war ein Bär von einem Mann mit einem Gemüt wie ein kleiner Junge und mit einem Beruf, den man nicht laut nennen durfte. Wenn er jemanden "beseitigte", dann wurden danach allenfalls vereinzelte Körperteile aus dem Main gefischt.

"Nein, nichts Derartiges. Du weißt doch von meinem kleinen Mädchen."

"Katinka, ja."

"Ich darf sie nicht mehr sehen."

Sein Gesicht wurde hart. "Ich erwürge den Kerl."

Ich legte ihm die Hand auf die Faust. "Nein, bitte nicht. Ich muss nur wissen, ob es Kathi gut geht. Der Kerl besucht sie jeden Freitag, aber ich weiß nicht wo. Kannst du das herausfinden?"

Ich musste nicht mehr sagen. Eine Woche später hatte ich die Adresse, das war alles, was ich brauchte.

Wir sind dann abgehauen. In den Osten. Da gab es Programme für alleinstehende minderjährige Mütter. Ich konnte eine Ausbildung machen, und Kathi war tagsüber im Hort und jede Nacht bei mir.

* * *

"Und er hat dich nie gefunden?", fragte Frank.

"Ich dachte eigentlich nicht." Ich hob den Brief hoch. "Das beweist mir das Gegenteil. Er wäre jetzt verheiratet, steht hier, lebe in geordneten Verhältnissen und wolle das alleinige Sorgerecht."

"Nein!"

Mein Kopf flog herum. In der Tür stand Kathi im Schlafanzug. "Wieso bist du da?"

Sie reagierte nicht, sondern rannte zu mir und warf sich auf mich. "Mama, das Arschloch darf mich nicht kriegen."

"Ich ..."

"Nein, nein, nein, nein, nein!", schluchzte sie, und ich fing auch an zu heulen.

Ich hörte, wie Frank aufstand. "Ich lasse euch jetzt besser alleine", brummte er und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.

"Nein!", schrie Kathi genauso panisch wie zuvor und griff nach seiner Hand. "Bleib bei uns."

Ich holte Luft. "Ich weiß nicht ..."

"Doch. Bitte, Frank, bitte!"

Ich blickte ihn an. Er blickte mich an, mit einer Mischung von Verlegenheit und Wärme. Seine Lippen formten Worte. Kein Sex. Ich lachte hysterisch.

"Natürlich kein Sex", sagte Kathi vorwurfsvoll, was bewies, dass Erwachsene nun mal keine Chance gegen sie hatten. "Ich bin doch noch ein unschuldiges Kind."

Frank musste mir auf den Rücken hauen, damit ich wieder Luft bekam. Mein Lachanfall wollte überhaupt nicht mehr enden.

* * *

Danach brach fast ein Krieg aus. Frank wollte auf dem Sofa schlafen, aber Kathi bestand darauf, dass wir "probeweise" alle zusammen schliefen. Dann wollte sie zwischen Frank und mir liegen, um "zu verhindern, dass wir Sex hatten." Schließlich konnte ich sie überzeugen, dass Franks Penis an ihren Hintern — selbst mit vier Lagen Stoff dazwischen — absolut nicht angemessen wäre. Also kuschelte ich mich an sie und Frank an mich, und ich genoss seine Härte an meinen Hinterbacken.

Er hatte das ganze Spiel in aller Seelenruhe über sich ergehen lassen, selbst die ständigen Seitenblicke in Richtung seines besten Stückes ließen ihn äußerlich kalt. Es schien mir manchmal fast so, als wäre er mit den Gedanken bei etwas anderem.

6

Als ich aufwachte, lag ich allein im Bett. Kaffeeduft zog durch die Wohnung, und ich hörte ein angeregtes Gespräch aus der Küche. Ein Blick auf die Uhr machte mir klar, dass ich bis fast Mittag geschlafen hatte.

"Nein", sagte Kathi gerade. "Ich habe nicht vermisst, keinen Vater zu haben. Mama war ja immer für mich da."

Unverständliches Brummen von Frank.

"Am Wochenende gehen wir meistens Wandern oder Schwimmen; nichts, was unnötig Geld kostet. Judo ist schon teuer genug."

Brummen.

"Ich kann damit leben, keine teuren Markenklamotten anzuhaben. Der letzten Tussi, die mich versucht hat, damit aufzuziehen, habe ich ein Kuchiki-taoshi verpasst. Hat mir eine Stunde Nachsitzen und einen Verweis eingebracht, aber das war es wert."

"Du kannst nicht alle Probleme mit Gewalt lösen", sagte ich von der Tür.

"Mama!", rief sie und sprang auf. Sie umarmte mich heftiger als sonst. Unsere Probleme waren nur verdrängt, nicht vergessen.

Dann sagte sie: "Ich gehe mich mal anziehen. Ihr habt zwölf Minuten Zeit", und verschwand.

Frank war aufgestanden und breitete die Arme aus. Ich ließ mich zögernd von ihm umarmen. Die Wärme, die sein Körper ausstrahlte, entspannte mich etwas. "Guten Morgen", nuschelte ich in seine breite Brust.

"Guten Morgen, ... Laura."

"Wolltest du etwas anderes als meinen Namen sagen?"

"Eigentlich ja, aber ich weiß nicht, ob 'Liebling' angebracht wäre."

"Wage nicht, mich in Gegenwart anderer so zu nennen. Aber solange wir allein sind ..."

Er setzte sich und zog mich auf seinen Schoß. "Liebling", brummte er mir ins Ohr. Die Erinnerung an gestern Abend ließ sofort wieder Hitze in mir aufsteigen, aber ich zügelte mich. Im Sitzen holte er meine Tasse von der anderen Seite des Tisches, und schenkte mir Kaffee ein. Ein Schuss Sahne, ein Stück Zucker.

Ich beobachtete den ganzen Vorgang fasziniert. "Weißt du", sagte ich nach dem ersten Schluck, "dass du mir Angst machst?"

Er hob die Augenbrauen. "Wieso?"

"Ein Mann, der weiß, wie eine Frau ihren Kaffee trinkt, ist normalerweise schon suspekt. Das zu wissen, ohne sie je dabei gesehen zu haben, ist angsteinflößend."

"Ich ..."

Ich fiel ihm ins Wort. "Du musst dich nicht entschuldigen, dass du dich von Kathi hast briefen lassen. Arschloch hat bis zum Ende nicht verstanden, dass ich Kirschlikör nicht ausstehen kann. Er hat immer versucht, damit 'das Eis zu brechen'."

"Dein ... äh ... Ex. Hat er wirklich eine Chance wegen Kathi?"

Ich zuckte die Schultern. "Wenn er tatsächlich verheiratet ist und eine legale Existenz aufgebaut hat... Sein Name steht in der Geburtsurkunde. Warum fragst du?"

"Du und ich ... äh ... Wir kennen uns kaum ..."

Ich lachte ihm ins Gesicht. "Wir haben zu dritt in einem Bett geschlafen. Du hast mir einen fantastischen Orgasmus verschafft. Du weißt, wie ich meinen Kaffee trinke. Ich denke, wir kennen uns gut genug, um uns die Wahrheit ins Gesicht zu sagen."

Er war baff. Zumindest sah sein Gesicht so aus.

"Also?"

"Ja, ich habe vielleicht eine Idee, um euch zu helfen. Das ist noch nicht ausgegoren, deswegen will ich noch nicht drüber reden. Aber wenn du mir sagst, dass du meine Hilfe nicht willst..."

"Frank", sagte ich seufzend. "Für Kathi nehme ich jede Hilfe an, die ich kriegen kann."

Er brummte etwas in seinen Bart.

"Was?"

"Nichts. Ich hoffe nur, du sagst das auch noch, wenn ... Was wollt ihr heute unternehmen?"

"Wir fahren mit dir an den Nordstrand", kam die Stimme meiner Tochter von der Tür.

Ich drehte den Kopf. "Wie lange stehst du schon da?"

Sie feixte mich an. "'Fantastischer Orgasmus'?"

"Nordstrand geht in Ordnung", wechselte Frank das Thema. "Wenn deine Mutter einverstanden ist?"

"Mich fragt hier doch eh niemand."

Was mir eine Runde von Umarmungen, Tröstungen und Küssen von Tochter und ... Freund ... verschaffte.

7

Für mich geplagte Mutter war der Nachmittag ein Traum.

Kathi testete Frank nach allen Regeln der Kunst aus. Konnte sie ihm eine Fahrt mit dem Wasserski aus den Rippen leiern, die mir immer zu teuer gewesen war? Konnte sie, aber keine zweite. Stattdessen spielte er über eine Stunde mit uns beiden Beachvolleyball, bis wir alle drei keuchend auf unserer Decke lagen.

Die freche Göre nutzte außerdem jede Gelegenheit, schlüpfrige Bemerkungen über den "fantastischen Orgasmus" und andere Ausgeburten ihrer scheinbar sehr unanständigen Fantasie fallen zu lassen. Frank ging nie darauf ein. Meistens musste er sie nur ernst anschauen, bis sie zurücksteckte.

Auf der anderen Seite sprachen die beiden sehr ernsthaft über Sex, als ich einmal von der Toilette zurückkam. Ich weiß, dass ich mit ihr nicht über die ganzen Fetische hätte reden können, die ich damals hatte bedienen müssen, ohne rot zu werden und zu stottern.

Es war schon schlimm genug, dass meine Tochter das alles mit angehört hatte.

Elfie hatte Kathi gestern Abend angerufen, kurz bevor sie die Wohnung verlassen wollte, und ihr abgesagt. Kathi hatte dann noch das Einschreiben angenommen, und sich dann zum Lesen ins Bett gelegt. Mein Schrei beim Öffnen des Briefs muss sie dann geweckt haben.

Und dann hatte sie sich — naja, da mussten wir eigentlich nochmal drüber reden —im Flur auf den Boden gesetzt und uns zugehört. Andererseits war das vielleicht sogar die beste Lösung gewesen. Ich weiß nicht, wie umständlich ich versucht hätte, ihr alles zu erklären, was mir damals geschehen war.

"Mama", riss sie mich aus meinen Gedanken. "Wie ist der Sex unter Frauen?"

Ich blickte sie an. Kein Feixen, kein Grinsen, echtes Interesse soweit ich sehen konnte. O Scheiße! Ich holte Luft, versuchte eine sachliche Antwort zu formulieren.

"Weicher", sagte Frank. "Entspannter. Gleichberechtigter."

Ich konnte ihn nur sprachlos anstarren. Gott, diesen Mann musste ich mir in ein Einmachglas sperren. Aber wo hatte er das schon wieder gelernt? Hatte er da etwa Vergleichsmöglichkeiten?

"Ja", sagte ich. "So kann man das sagen. Und nein, liebes Töchterlein, ich werde nicht ins Detail gehen."

Sie blickte mich enttäuscht an.

* * *

Es schien, als ob Kathi und ich eine neue Ebene der Vertrautheit gefunden hatten. Klar schliefen wir schon immer in einem Bett. Normalerweise war das Doppelbett breit genug, dass jede ihren Freiraum hatte. Doch an diesem Abend ... wir hatten nur wenig miteinander gesprochen, doch im Bett rutschte sie direkt in meine Arme, kuschelte sich an mich und murmelte: "Halt mich fest, Mama. Lass mich nicht los."

"Niemals", murmelte ich zurück. "Niemals." Wenn ich das doch nur selbst glauben könnte.

* * *

Dann war es Montagnachmittag. Feierabendzeit. Genau eine Woche, nachdem ich Frank zum ersten Mal gesehen hatte. Ich packte meine Sachen, machte das Licht aus, und war nicht im Geringsten überrascht, dass er wieder auf dem Flur saß. Kariertes Flanellhemd, verwaschene Jeans und das breite Grinsen.

"Guten Tag, mein Herr", begrüßte ich ihn. "Kann ich etwas für Sie tun?"

"Sie könnten mich heiraten."

Äh ... was??? Mir blieb das Herz stehen. Doch dann lachte ich auf. "Guter Witz."

Er griff in seine Hosentasche, holte ein Kästchen heraus, fiel vor mir auf ein Knie — wohlgemerkt im Flur des städtischen Hochbauamts in Erfurt — öffnete das Kästchen und blickte mich ernst an.

"Frank", sagte ich atemlos. "Was soll das?" Da war tatsächlich ein Ring im Kästchen.

"Es ist die einfachste Art, den Antrag deines Ex abzuschmettern. Wir heiraten, du hast auch 'geordnete Verhältnisse' und keiner kann dir Kathi wegnehmen."

"Ich ... äh ..."

"Nächstes Jahr wird sie vierzehn. Dann darf sie selbst entscheiden, bei wem sie leben will. Wenn es bis dahin mit uns nicht klappt, lassen wir uns einfach scheiden. Oder wenn du willst, die Ehe wegen Nichtvollzug annullieren."

Nichtvollzug! Ha! Da hatte er sich aber geschnitten. Mein Gott! Ich erwog allen Ernstes, dieses Angebot anzunehmen. "A-a-aber du ... deine Familie."

"Abgesehen davon, dass ich alt genug bin, eine solche Entscheidung selbst zu treffen, habe ich mit meinen Eltern geredet. Sie sind auch dafür, dir zu helfen und freuen sich schon, dich kennenzulernen."

"Hast du ihnen wirklich erzählt, dass ich eine Ex-Kinderhure mit einer unehelichen Tochter bin, deren Ex-Zuhälter das Sorgerecht haben will?"

"Habe ich. Nicht ganz mit dieser Wortwahl, aber sie wissen Bescheid. Beantwortest du jetzt bitte meine Frage? Mir tut langsam das Knie weh."

"Ach Gott! Steh auf!"

"Nicht bevor ..."

"Ja, ja, ja!"

* * *

Wir fuhren dann wie letzte Woche mit seinem Pritschenwagen zum Dojo, um meine Tochter abzuholen, ich mit dem Verlobungsring am Finger und dem verzweifelten Versuch ein dümmliches Grinsen aus meinem Gesicht herauszuhalten.

"Was ist los?", meinte Kathi beim Einsteigen. "Ist die Karre schon wieder ..." Sie scannte unsere Gesichter. "Was?" Ihr Blick fiel auf meine Hand.

"O MEIN GOTT!!!", schrie sie, und ich dachte, das Auto würde zusammenbrechen.

Mir fiel das Gesicht runter. War es doch eine schlechte Entscheidung gewesen, ja zu sagen?

"Mama! Frank! Mama! Frank!"

Ich legte den Arm um sie, versuchte sie zu beruhigen.

"Darf ich jetzt schon 'Papa' zu dir sagen oder muss ich bis nach der Hochzeit warten? Bitteee! Das ist ja sooo cool! Ich bin deine Brautjungfer, Mama, ja? Lädst du deine Familie ein? Ich will Max kennenlernen."

Okay, ich hatte ihre Reaktion missverstanden. Sie schien nicht wirklich gegen diese Verbindung zu sein.

"Also", meinte ich. "Wir gehen das Ganze langsam an. Das wird erst einmal eine Zweck-Ehe, damit du vor dem A... meinem Ex sicher bist."

"Zweck-Ehe? Ha, ha!", höhnte sie. "Ich hoffe nur, dass ihr mich irgendwann mal schlafen lasst, wenn ihr Sex habt."

"Kathi!"

"Ach tu doch nicht so. Ich sehe das doch in euren Gesichtern. Ihr wollt doch nichts Anderes als ..."

Ich legte ihr die Hand auf den Mund. "Es reicht. Wir haben viel wichtigere Dinge zu tun als über Sex zu reden." Pause. "Bist du jetzt brav?"

Sie nickte, und ich nahm ihr die Hand vom Mund.

"Wirst du mich adoptieren? Heißen wir dann Schuppach?"

Und so weiter und so weiter. Wir fuhren dann am Bürgeramt vorbei — glücklicherweise noch offen — um den Antrag einzureichen. Und ja, wir entschieden uns für Franks Familiennamen — in der Beziehung bin ich altmodisch — und nein, wir würden erst einmal bis zu Kathis Geburtstag im Januar warten, bevor Frank über eine Adoption entscheiden wollte.

Danach fuhr Frank uns nach Hause.

"Wann ziehen wir zu dir?", stellte Kathi eine weitere Frage.

"Erstmal nicht", brummte Frank. "Meine Wohnung ist noch kleiner als eure. Es gibt bis zum Freitag in acht Tagen zu viel zu organisieren, da kann ich mich nicht auch noch darum kümmern."

Ich holte tief Luft. Das hieß dann wohl kein Sex vor der Ehe. Ich unterdrückte ein wehmütiges Lächeln, aber Franks Feixen zeigte mir, dass er meine Gedanken erraten hatte.

"Arme Mama", sagte Kathi bedauernd und legte ihren Arm um meine Schulter. "Kannst du das überleben?"

Am selben Abend setzte ich mich noch hin, schrieb eine Antwort an die Frankfurter Rechtsanwälte, und legte eine Kopie der Eheanmeldung bei. Elf Tage. Elf Tage und dann würde ich ihn für immer los sein.

8

Früher Freitagabend. Vier Tage später. Ich saß allein zu Hause — Frank wollte später noch vorbeikommen und Kathi war einkaufen im Supermarkt an der Ecke — und hatte eine ausgedruckte "Hochzeits-Checkliste" aus dem Internet vor mir.

Ich hatte ja nicht geahnt, wie viele Punkte auf so einer Checkliste waren.

Gäste, Check.

Franks Eltern hatten zugesagt zu kommen, auch sein Bruder und noch zwei gute Freundinnen. Ich fragte nicht, ob es die "Freunde mit Vorzügen" waren, hatte da aber so meine Vermutungen.

Meine Mutter war schon lange tot. Geschwister hatte ich keine. Freunde ... nicht wirklich. Zwei Kolleginnen aus dem Amt hatte ich eingeladen, hauptsächlich, weil sie sich sonst das Maul darüber zerrissen hätten, dass ich mir so kurzfristig frei nahm.

Franks Schreinerei war das größte Kontingent. Inzwischen hatte ich die ganze Mannschaft kennengelernt. Adam Fritz war sein Meister, wohl eine Art Mentor für ihn. Er kam mit Ehefrau. Fünf Gesellen, acht Azubis, viermal Anhang. Und Rick, der Automechaniker, auch mit Ehefrau und einem sechsjährigen Sohn.

Feier, Check.

Frank hatte irgendwo "eine Location im Wald" reserviert, "nichts Großes", ein Fässchen Bier, Steaks, Würstchen und alles andere von seiner Stamm-Metzgerei. Das sollte kein allzu riesiges Loch in seinen Geldbeutel reißen, vor allem, weil alle außer der Familie und den beiden Freundinnen nur für den Nachmittag eingeladen waren.

Mir war es unangenehm, dass ich bei alledem nichts mit beitragen konnte, mein Bankkonto war fast in den roten Zahlen, aber ich würde Frank dafür in anderer Währung entschädigen. Ich seufzte auf. Wenn wir dann endlich Freiraum hatten.

Kleider ...

Ich hatte eine Handvoll Kostüme und Hosenanzüge fürs Amt. Ein Hosenanzug wäre wohl das Beste. Da konnte ich meine Halbstiefel mit den hohen Absätzen darunter anziehen, und es würde nicht auffallen. Kathi ... Morgen früh könnten wir in die Stadt fahren und nach etwas für sie suchen. Vielleicht auch einen schicken Hosenanzug, passend zu dem Silbertop. Wir würden Frank nicht mitnehmen, Kathi würde ihn sonst gleich wieder anpumpen.

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